Studie: In der Landwirtschaft werden Frauen benachteiligt und unterschätzt

In der Männer dominierten Welt der Landwirtschaft müssen sich Frauen immer noch gegen Vorurteile und Benachteiligungen wehren. Selbst eine Praxis aus den 1940ern hat noch Bestand.

Frauen in der Landwirtschaft wird beim Arbeiten mit schweren Geräten immer noch weniger zugetraut
Frauen in der Landwirtschaft wird beim Arbeiten mit schweren Geräten immer noch weniger zugetrautImago / photothek

Traditionelle Rollenmuster führen nach Erkenntnissen der Göttinger Soziologin Claudia Neu bis heute zu einer überdurchschnittlichen Benachteiligung von Frauen in vielen landwirtschaftlichen Betrieben. Die Professorin für Soziologie ländlicher Räume an den Universitäten Göttingen und Kassel hat mit ihrem Team und Kolleginnen vom Thünen-Institut in Braunschweig Frauen aus ganz Deutschland befragt, die auf Höfen arbeiten, sowie Fragebögen ausgewertet. „Was alle Frauen eint, ist, dass sie immer wieder sehr stark ihre Kompetenzen in einer weitgehend von Männern dominierten Agrarwelt unter Beweis stellen müssen“, sagte sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Studie habe „nicht nur die klassische Landwirtin in den Blick genommen. Wir haben das ganze Spektrum befragt, von Altenteilerinnen über Frauen, die auf landwirtschaftliche Betriebe eingeheiratet haben, aber außerhalb berufstätig sind, bis hin zu Angestellten auf den Höfen“, erläuterte sie. Den Frauen werde nach wie vor wenig zugetraut, wenn es darum gehe, den Traktor zu fahren oder mit schwerem Gerät zu arbeiten. Sie würden sehr häufig noch immer auf klassische Carearbeit, also das Versorgen anderer Menschen, Haushaltstätigkeiten und Familie reduziert, sagte Neu. Selbst Betriebsleiterinnen berichteten davon.

Der Sohn erbt den Hof

Immer noch werden der Forscherin zufolge fast wie selbstverständlich Höfe an den ältesten Sohn vererbt, obwohl diese Praxis seit Ende der 1940er-Jahre gar nicht mehr rechtens sei. Nur 11 Prozent aller Agrarbetriebe würden von Frauen geführt. Bei den designierten Hoferbinnen und -erben liege der Anteil von Frauen bei 18 Prozent, sagte sie. „Auch in den nächsten Generationen bleibt also ein klares Ungleichgewicht.“ Beim Landerwerb seien die Hürden für Frauen deutlich höher als für Männer. Einen eigenen Hof zu gründen, sei deshalb sehr schwer.

Claudia Neu ist Professorin für Soziologie ländlicher Räume an den Universitäten Göttingen und Kassel
Claudia Neu ist Professorin für Soziologie ländlicher Räume an den Universitäten Göttingen und Kasselepd-bild / Anna Tiessen

Viele Frauen auf den Betrieben sorgten sich aufgrund der Belastungen um ihre Gesundheit, sagte die Forscherin weiter. „In den Berufsschulen und der Erwachsenenbildung müssten deutlicher Themen behandelt werden wie Gesundheit, Prävention oder Arbeitsschutz.“ Auch sei Bildungsarbeit nötig, um traditionelle Rollenmuster zu überwinden. Frauen müssten noch mehr darauf achten, dass sie in Grundbüchern oder Testamenten berücksichtigt werden und gegebenenfalls ein Gehalt für ihre Arbeitsleistung aushandeln.

Zugleich habe die Studie gezeigt, dass die meisten Frauen ihren Beruf sehr gern ausübten. Das gelte auch für die Angestellten in den Betrieben. „Die überwiegende Zahl der Frauen liebt das Leben auf dem Land“, sagte Neu. „Die Natur, die Arbeit mit den Tieren, die Möglichkeiten, Familie und Beruf miteinander zu verbinden, all das ist ihnen wichtig.“