Sprache, Symbole, Jubiläen – wozu Menschen einen gemeinsamen Bezug haben, das macht sie als Gesellschaft aus. Verklärte oder verdrängte Erinnerungen können jedoch langfristig schaden, warnt eine Wissenschaftlerin.
Gestörte Beziehungen, irritierende Kommunikation oder Gewaltausbrüche: Häufen sich solche Fälle in einer Gesellschaft, kann dies laut einer Sozialpsychologin auf psychische Folgen von kollektiven Traumata hinweisen. Wenn man die Menschen damit alleinlasse, “besteht die Gefahr, dass sich die Abwehr weiter verfestigt”, sagte Angela Moré im Interview der Zeitschrift “Psychologie Heute” (März-Ausgabe).
Nach einem katastrophalen Ereignis spalte die Mehrheit der Menschen diese Erinnerung ab, “um die Angst vor Vernichtung, die durch das Trauma erzeugt wurde, nicht mehr zu spüren”, erklärte die Wissenschaftlerin. Dennoch wirke die Erfahrung im Inneren der Betroffenen fort – und die Folgen zeigten sich oft auf indirekte Weise.
Ein psychologisches Trauma kann entstehen, wenn jemand von einem unerwarteten Ereignis betroffen ist, das außerhalb von seiner bzw. ihrer normalen Erfahrungswelt liegt und das irgendeine Art von Verletzung oder Bedrohung involviert – ob real oder empfunden. Anschließend an diese Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO ergänzen Traumatherapeuten, dass mit dem Trauma nicht das Geschehnis selbst gemeint ist – sondern das, was Menschen infolge dieses Geschehnisses passiert.
Auch Gesellschaften werden laut Moré von gravierenden Ereignissen geprägt, die viele Menschen betreffen: einerseits etwa von Kriegen oder Naturkatastrophen, aber auch von Entwicklungen wie der Französischen Revolution oder technischen Neuerungen. “Diese Ereignisse werden nicht nur in Erzählungen, sondern vor allem auch in Form von Gefühlen wie Stolz, Begeisterung, Scham, Schuld, Trauer oder Traumata transportiert.” Dies geschehe permanent, etwa in Schulbüchern, Medien und der Kunst: “Was Menschen erleben und lernen, wie sie leben, wirkt sich auf ihre innere Welt aus und von dort aus zurück auf die soziale Umwelt.”