Sozialkaufhaus schafft Umkleiden ab wegen Diebstahl

Eine Hose kostet drei Euro, ein Teller 60 Cent: In Sozialkaufhäusern gibt es Kleidung und Haushaltsgegenstände zum kleinen Preis. Gestohlen wird trotzdem. Deshalb hat die Diakonie Karlsruhe nun in ihren Secondhand-Läden die Umkleidekabinen abgeschafft. Die ungewöhnliche Maßnahme soll dem „erheblichen finanziellen Verlust durch Diebstahl und Preismanipulationen entgegenwirken“, sagte die Sprecherin der Diakonie Karlsruhe, Luise Winter, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

In den Umkleiden seien Preisschilder umetikettiert oder ganz entfernt worden. Vor der jetzigen „Umkleide-Lounge“ – einer Wand mit Spiegel und Sitzgelegenheiten, aber ohne Vorhang – hätten die täglichen Umsatzverluste mehr als 600 Euro betragen, sagte der Bereichsleiter Beschäftigung, Marc Beck. Eine professionelle Diebstahlsicherung rechne sich wegen der Kosten nicht. Weil sich die Läden selbst tragen müssten, seien sie auf die Umsätze angewiesen. Überschüsse würden in andere diakonische Projekte fließen.

Beck zufolge ist die Hemmschwelle für Diebstähle in den letzten Jahren deutlich gesunken. Viele Täter sähen den Diebstahl in Sozialkaufhäusern als nicht so schlimm an, gemäß dem Motto „die Sachen sind ja eh gespendet“. Nachdem die Umkleiden vor rund vier Monaten abgeschafft wurden, hätten sich die Verluste um die Hälfte reduziert.

Zwar habe es anfangs auch Kritik und Unverständnis gegeben. Jetzt würden sich Kundinnen und Kunden aber auf die Anprobe in der „Umkleide-Lounge“ vorbereiten, etwa mit enganliegender Kleidung oder Maßbändern, so Winter. Positiv sei, dass so mehr Kundinnen und Kunden ins Gespräch kämen. Dies habe bisweilen sogar eine Art „Eventcharakter“.

Eine „massive Zunahme“ der Diebstähle im Secondhand-Kaufhaus der Aufbaugilde Heilbronn registriert Geschäftsbereichsleiter Jörg Kiefer. In den nächsten Wochen soll eine Kameraanlage installiert und der Eingangsbereich gesichert werden: „Wir leben von den Spenden.“ Rechne sich das Kaufhaus nicht mehr, müsse notfalls Personal eingespart werden. Die Umkleiden sollen aber bleiben.

Als Gründe sieht Kiefer die zunehmende Armut: „Je schwächer die Gesellschaft wird, desto mehr Diebstähle gibt es.“ Es kämen immer mehr Menschen aus der Mittelschicht. Das Kaufhaus in Heilbronn gilt als eines der größten bundesweit und ist für alle Menschen offen.

Auch beim Mannheimer Secondhand-Kaufhaus Fairkauf der Caritas spielen Diebstähle eine Rolle. „Wir haben eine Kameraüberwachung eingeführt und abschreckende Warensicherungen angebracht“, sagt Betriebsleiter Dominik Kobel. Mit steigenden Kundenzahlen nähmen auch die Diebstähle zu. Aufgrund der Teuerungen sowie der Inflation werde die Gruppe der Kundinnen und Kunden immer größer, die „strikt auf das Geld schauen müssen“.

Ähnlich sieht es in den vier Sozialkaufhäusern der Neuen Arbeit Stuttgart aus. Elektronische Diebstahlsicherungen rechneten sich jedoch nicht, erklärt der Fachbereichsleiter der Neuen Arbeit, Rolf Kaltenberger. Allerdings hätten sie in ihren Läden deutlich sichtbare Hinweisschilder angebracht. Darin heißt es, dass bei Verdacht auf Diebstahl die Taschen kontrolliert werden könnten und eine Anzeige sowie Hausverbot drohten. Zudem würden Mitarbeitende entsprechend geschult. (1341/17.06.2024)