“Sorry Genosse” – kurzweilige Doku als TV-Premiere im BR

“Sorry Genosse” ist ein kurzweiliger Dokumentarfilm über ein junges deutsch-deutsches Liebespaar, das in den 1970er Jahren durch den Eisernen Vorhang getrennt war und durch eine kuriose Flucht im Westen zusammenfand.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Bei Tante Clärchens Geburtstag 1969 lernen sich der aus Frankfurt stammende Lehramtsstudent Karl-Heinz und die erst 17-jährige Hedi in Oberellen in Thüringen kennen und verlieben sich so sehr ineinander, dass sie sich auch durch den Eisernen Vorhang nicht wieder auseinanderdividieren lassen wollen. Jahrelang halten sie den Kontakt aufrecht, mit zarten Briefen, Begegnungen in Prag und illegalen Aufenthalten.

Als Karl-Heinz einen Einbürgerungsantrag zur Übersiedelung in die DDR stellt, wird die Stasi auf den langhaarigen Linken aufmerksam und versucht, ihn als Spion zu gewinnen. Schwarzweiß-Fotos vom Sommerurlaub in den Ostblockstaaten zeigen ein glückliches Hippie-Paar, das mit der Gitarre vor dem Zelt in unbeschwerten Sphären schwebt.

Hinter den Kulissen aber steigert die Stasi den Druck und manipuliert das Einbürgerungsverfahren. Hedi, die ihr Leben in der DDR bislang nicht infrage gestellt hat, entschließt sich zur Republikflucht über Rumänien.

Erzählt wird das alles retrospektiv und von der Gegenwart aus. Die beiden mittlerweile über 70-jährigen Protagonisten rekapitulieren in dem Dokumentarfilm von Vera Brückner ihre Geschichte und die kuriose Flucht in ausführlichen Statements, während private Fotos und Archivaufnahmen den zeitgeschichtlichen Kontext umreißen.

Ihre spielerisch erzählte Beziehungsgeschichte einer großen Liebe und einer aberwitzigen Flucht eröffnet einen ungewöhnlichen Blick auf die deutsch-deutsche Historie. Beide Staaten, DDR wie Bundesrepublik, sind Fluchtgrund und Sehnsuchtsort zugleich.

Die persönliche Färbung, der inszenatorische Aufwand der formalen Mittel sowie Humor und Selbstironie überschreiten dabei gekonnt die Konventionen historischer Dokumentationen. Wobei am Beispiel des Liebespaares auch grundlegende Fragen nach Selbstbestimmung, Freiheit und Identität aufgeworfen werden, die sich nicht in den Sonderfällen der deutsch-deutschen Verwicklungen erschöpfen.