Sommergruß und Liebesbote: Doch woher stammt der Maibaum?

Er wird verehrt und auch gestohlen – der Maibaum. Heute wird er in zahlreichen Dörfern wieder gut bewacht. Doch woher er kommt, bleibt unbekannt.

Ein mit bunten Bändern geschmückter Maibaum: Er ist ein Symbol für das Erwachen der Natur
Ein mit bunten Bändern geschmückter Maibaum: Er ist ein Symbol für das Erwachen der NaturimageBROKER / epd

Aurich/Braunschweig. In den Hallen der Dorfgemeinschaftshäuser und Freiwilligen Feuerwehren wird in diesen Tagen landauf landab wieder der Maibaum mit frischem Tannengrün und "Maien" geschmückt. Am Vorabend des 1. Mai wird er zum Festplatz gebracht und dort eifersüchtig von der Dorfjugend bewacht. Auch wenn die Ursprünge des Maibaums im Dunkel der Geschichte liegen, so ist doch eines gesichert. "Das war schon immer ein guter Grund und Termin zum Feiern", sagte die Auricher Volkskundlerin Nina Hennings von der Ostfriesischen Landschaft zu dem Datum.

Viele uralte Bräuche sind christianisiert worden

Dem Braunschweiger Historiker Professor Gerd Biegel zufolge sind die Mai- oder Pfingstbäume europaweit bekannt. "Die Bräuche und Riten sind von Dorf zu Dorf verschieden, aber sie haben immer etwas mit dem Wachsen und Gedeihen der Natur zu tun." In der Wissenschaft ist umstritten, ob die Maibäume schon in antiker Zeit verbreitet waren. Die Geschichte lehre jedoch, dass viele uralte Bräuche christianisiert wurden. Überall dort, wo die Kirche heidnische Feste nicht verbieten konnte, stellten sie die Bräuche in einen christlichen Zusammenhang, möglichst mit dem nächsten christlichen Feiertag. Tatsächlich bleiben bis heute die Maibäume bis zum Pfingstfest stehen oder werden, wie etwa auf der Nordseeinsel Borkum, erst zu Pfingsten aufgestellt.
Der älteste schriftliche Hinweis auf einen Maibaum stammt von Caesarius von Heisterbach. Der Zisterziensermönch schrieb um 1222 in seinem Kloster bei Königswinter in der Nähe von Bonn eine Abhandlung über die Sitten- und Kulturgeschichte seiner Zeit. Um 1650 sei erstmals ein Maibaum gemalt worden, berichtet Biegel.

Der Maibaum: ein Symbol für das Erwachen der Natur

Dass der Maibaum etwas mit dem Erwachen der Natur zu tun hat, liegt nahe. Schließlich wird der Baum auch mit "Maien" geschmückt. So werden junge Birken genannt, weil diese als erste aus der Winterstarre erwachen. Auch Martin Luther übersetzte in Psalm 118, "Schmücket das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars." Die Birke gilt als Symbol für Kraft und Anmut, Lebenswillen und Trost, Licht sowie Heiterkeit. Zu dieser Zeit konnten dann die fahrenden Ritter und Minnesänger des Mittelalters auch wieder ihre Burgen verlassen und auf Wanderschaft gehen.
In vielen Regionen wird bis heute jungen, unverheirateten Frauen eine Birke als Liebeszeichen an den Schornstein gebunden oder vor die Haustür gepflanzt. In den Städten muss ein Birkenzweig vor dem Fenster genügen. Insoweit wäre der Maibaum auch ein Liebesbeweis, sagt der Historiker.

Alter Brauch: den Baum des Nachbarortes stehlen

So alt wie der Brauch des Maibaum-Aufstellens ist auch der Brauch, den Baum des Nachbarortes zu stehlen. Der Heimatforscher Helmut Kroon aus Bagband bei Aurich hat in seiner Jugend zusammen mit Freunden den Maibaum des Nachbarortes Strackholt entwendet. Dabei müssen strenge Regeln eingehalten werden. "Geklaut werden darf nur zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang vor dem 1. Mai und auch nur dann, wenn man selbst auch einen Baum hat", erläutert Kroon.
Der Baum muss bereits auf dem Festplatz liegen oder aufgestellt sein. Bewachte Bäume dürfen nicht gestohlen werden. Als bewacht gilt der Baum, wenn er mit einer Hand oder dem Rücken berührt wird. Schließlich muss es den Dieben noch gelingen, drei Spatenstiche am Baum anzusetzen.
Ist das alles vollbracht, wird der Baum jedoch nicht weggeschleppt. "Dafür ist er zu schwer und zu unhandlich", sagt Kroon. Darum muss das unterlegene Dorf seinen Baum wieder auslösen – bis heute sind Wurst und Bier dabei die bevorzugte Währung. (epd)