So wurde Hamburg zur Filmkulisse

Selbst Hollywood-Stars haben schon in Hamburg gedreht. Eine Ausstellung im Altonaer Museum zeigt jetzt die Geschichte des Films in der Hansestadt.

Elbphilharmonie und Michel gehören zu den beliebtesten Filmkulissen in Hamburg
Elbphilharmonie und Michel gehören zu den beliebtesten Filmkulissen in HamburgPixabay

Hamburg. Hans Albers und Freddy Quinn, Pierce Brosnan und Philip Seymour Hoffman – alle spielten schon an Elbe und Hafen. Hamburg zählt zu den prominentesten Filmkulissen Europas. Mit der Ausstellung „Close-Up“ gibt das Altonaer Museum Einblick in 120 Jahre Kino- und Filmgeschichte rund um Hafen und Reeperbahn. Typisch für Hamburger Produktionen sei „der Film von der Straße, der raue Film“, sagte Museumsleiterin Anja Dauschek bei der Präsentation. Die Ausstellung ist bis Juli 2022 zu sehen.

Der Rundgang beginnt in einer typischen Hamburger Kneipe der 1970er Jahre. Hier drehte Fatih Akin den „Goldenen Handschuh“ (2019) über den Frauenmörder Fritz Honka. Ob das Museum aber tatsächlich hier Fassbier und Korn ausschenken darf, ist noch offen. Dahinter zeigen großformatige Bilder die Dreharbeiten zu dem Edgar-Wallace-Thriller „Die toten Augen von London“ (1961). Gedreht wurde er in Hamburg, und wer genau hinsieht, entdeckt im Film noch einige deutsche Werbeschriftzüge.

Verbotenes Kino in der Kneipe

Der Aufstieg des Kinos begann um die Jahrhundertwende. 1901 wurde an der Reeperbahn „Knopf’s Lichtspielhaus“ eröffnet. Es war vermutlich das erste ortsfeste Kino in Deutschland. Die Anfänge des Kinos seien nicht gut dokumentiert, räumt Museumsleiterin Dauschek ein. Eberhard Knopf hatte seine Kneipe illegal zu einem Kino umfunktioniert. Die Leinwand war transparent und stand mitten im Raum. Wer hinter der Leinwand saß, erhielt ermäßigten Eintritt.

Größtes Kino Europas

Neben dem Hafen war vor allem „Hagenbecks Tierpark“ gefragte Filmkulisse. Wer die exotische Atmosphäre von Urwald und Savannen vermitteln wollte, fand sie bei Hagenbeck. Für Statistenrollen wurden dazu Männer und Frauen aus Afrika und Amerika angeboten, die damals hier noch in Völkerschauen präsentiert wurden.

Unterschiedliche Kinos zeigen in der Ausstellung die Entwicklung der Filmkultur. Der UfA-Palast, der 1929 am Gänsemarkt entstand, war seinerzeit mit 2.665 Plätzen das größte Kino Europas. Nach Wochenschau und Hauptfilm wurde noch eine Bühnenshow mit Varieté-Einlagen geboten. In der NS-Zeit wurden hier die Premieren von Leni Riefenstahls „Olympia“ und Veit Harlans „Jud Süß“ gefeiert. Dokumente aus der Nachkriegszeit erinnern daran, dass Harlan für seinen antisemitischen Hetzfilm „Jud Süß“ in zwei Prozessen freigesprochen wurde.

Der singende Seemann

Nach 1945 waren Kinos die ersten Kulturstätten, die wieder aufgebaut wurden. „Man merkte, die Menschen brauchen Filme“, sagte Kuratorin Jacqueline Malchow. Außerdem seien Kinos damals im Winter geheizt gewesen. Als typischer Hamburger Nachkriegsfilm gilt „Große Freiheit Nr. 7“ mit Hans Albers als singender Seemann. Anfangs war er als NS-Propagandafilm geplant. Nach ersten Dreharbeiten 1943 im Hamburger Hafen wurden sie angesichts der Bombenangriffe nach Prag verlegt. Bis Kriegsende blieb der Film in Deutschland verboten. Danach stieg er zum Kassenschlager auf.

Im Kino-Boom der 1950er Jahre entdeckten die Lichtspielhäuser auch den Luxus. 1957 eröffnet das Savoy in St. Georg mit Plüsch-Sitzen, Teppich, Bar und Tiefgarage. Dank neuester Kinotechnik galt es als modernstes Kino Europas. Hier wurde 1959 erstmals in Deutschland „Ben Hur“ gezeigt. Aus der Boom-Zeit des Kinos stammen auch das Kleid von Romy Schneider aus „Die schöne Lügnerin“ (1959) und die Uniform von Heinz Rühmann aus „Der Hauptmann von Köpenick“ (1956). Zu sehen ist auch ein alter „Bambi“, der in den 1950er Jahren noch aus Porzellan gefertigt wurde.

Warum der Kino-Boom endete

Mit dem Siegeszug des Fernsehens in den 1960er Jahren endet der Kino-Boom. Die Filmproduktion in Hamburg hat an Kreativität aber seitdem nichts eingebüßt. Auf die unabhängigen Autorenfilme etwa von Hark Bohm und Wim Wenders folgten Filme von Detlev Buck und Fatih Akin, die die pluralen Perspektiven der heutigen Stadtgesellschaft zeigen. (epd)