So läuft eine Ausbildung zum Kirchenführer ab

Maria Pulkenats Begeisterung für Kirchenbauten steckt an – in Mecklenburg bildet die Kunsthistorikerin Menschen zu Kirchenführern aus. Ein neuer Kurs startet nächstes Jahr.

Maria Pulkenat (Mitte) führt Interessierte durch das Gotteshaus in Kirchdorf auf Poel
Maria Pulkenat (Mitte) führt Interessierte durch das Gotteshaus in Kirchdorf auf PoelAnnette Klinkhardt

„Kirchen sind ein Schatz in unserem Rücken“, findet Maria Pulkenat. Zuständig für Erwachsenenbildung innerhalb des Kirchenkreises Mecklenburg schult sie vor allem Kirchenführer – Menschen, die sich mit ihrer Kirche identifizieren und andere damit „anstecken“ möchten. „Ich habe den Eindruck, dass immer mehr Besucher in Kirchen gehen – und zwar nicht vorrangig in Gottesdienste, sondern der faszinierenden Atmosphäre im sakralen Raum wegen. Immer mehr Menschen freuen sich, wenn unsere Kirchen auch außerhalb der Gottesdienste geöffnet sind. Sie genießen die besondere Stimmung, sind neugierig auf den Raum und seine Bildwerke.

Allerdings verstehen sie oftmals die geistlichen Botschaften dahinter nicht mehr“, erlebt Maria Pulkenat. „Wenn Menschen hereintreten, sollen sie gastfreundlich empfangen werden und die Kirche als Beheimatung empfinden. Kirchenführungen haben deshalb nicht nur die Aufgaben, Wissenswertes weiter zu geben, sondern auch den geistlichen Raum hinter der Architektur und der Ausstattung zugänglich zu machen“.

Kirchenführer nehmen eine verantwortungsvolle Aufgabe wahr

Damit das Erleben über ein Staunen und anfängliches Berührtsein hinausgehen kann, braucht es heute eben Anleitungen zum Sehen und Deutungshilfen. Kirchenführer nehmen damit eine verantwortungsvolle Aufgabe wahr. Gerade auf dem Lande hätten Gotteshäuser eine besondere Wirkung auf die Menschen vor Ort, denkt Maria Pulkenat. Zu spüren sei, welche Mühen unsere Vorfahren auf sich genommen hatten, um solch einen Anker zu errichten, der uns noch heute als Ort der Besinnung dient. „Es sind oft die einzigen öffentlichen zugänglichen Gebäude im Dorf.“

Maria Pulkenat selbst ist in und mit Kirchenräumen groß geworden, stammt sie doch aus einer mecklenburgischen Pastorenfamilie. In einzelnen Kirchgemeinden leitet sie zudem gesellschaftliche Diskurse an. Hier geht es unter anderem um ein zukunftsfähiges Wohnen auf dem Lande oder die „neuen Freiheiten und Nöte“ seit der Wendezeit.

Neuer Kurs startet 2025: Kirchenzugehörigkeit keine Voraussetzung

Ein Kurs mit rund 15 Teilnehmenden zum ehrenamtlichen Kirchenführer gestaltet sich zeitintensiv. Es gibt Studientage und Videotreffen. „Die Teilnehmenden entwerfen eine Präsentation über ihre eigene Kirche, schauen dafür die Prinzipalstücke an, um sie zu beschreiben: Kanzel, Altar, Taufbecken. Dafür lernen sie einiges über Bauformen und zu ikonographischen Themen.“ Auch eine Stilkunde von der Romanik bis zur Moderne wird vermittelt.

Kirchenzugehörigkeit sei keine Voraussetzung, wohl aber eine Bindung an die Heimatkirche, Freude an kunstgeschichtlichem Wissen, Offenheit, Neugierde und Interesse an Glaubensfragen. Die Interessierten kämen sowohl aus Mecklenburg als auch Hamburg und Schleswig-Holstein. Viele seien zwischen 50 und 70 Jahre alt, oft seien es Senioren, aber auch viele Berufstätige. „Diese Fortbildung richtet sich an Menschen, die Gäste auf ihren Entdeckungsreisen durch die Kirchen begleiten möchten, die Zeit und Kraft haben und mit anderen Neues zu erproben.“

Ein schönes Beispiel für eine Motivation, diese Ausbildung zu machen, erzählt Maria Pulkenat: „Ein Rostocker Stadtführer berichtete mir, dass er seine Gäste auch in die Marienkirche lenkte, um ihnen die astronomische Uhr zu zeigen. Jedes Mal hatte er Angst, dass ein Regen den Kirchenaufenthalt verlängern könnte und er dann nichts weiter über die Marienkirche zu erzählen wüsste.“