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Skandalöse Sommersprossen – In USA zensiertes Kinderbuch auf deutsch

Verbot als beste Werbung? Das Kinderbuch einer Hollywood-Ikone landet in den USA auf der schwarzen Liste. Jetzt gibt es das Werk auch auf deutsch – und wirbt genau mit diesem Zensur-Stempel.

Hierzulande, wo Pippi Langstrumpf seit Jahrzehnten ihren festen Platz im Reich der Kinderheldinnen hat, sorgte es für Kopfschütteln, als kürzlich die Nachricht kam, dass in den USA ein anderer sommersprossiger Rotschopf vom Bannstrahl der Trump-Administration getroffen wurde. “Freckleface Strawberry” – auf deutsch “Streuselnase Erdbeerkopf” – heißt die Titelheldin eines Bilderbuchs, mit dem die Schauspielerin Julianne Moore 2007 als Kinderbuchautorin debütierte.

Und während ihre lustige Figur in den USA dem antiliberalen Kulturkampf zum Opfer zu fallen droht, den das Lager um Trump und Co. seit Regierungsantritt führt, ist “Streuselnase Erdbeerkopf” jetzt auch auf Deutsch erschienen.

Das Buch der Oscar-Gewinnerin (2015 Beste Hauptdarstellerin für “Still Alice”) landete in den USA auf einer Liste mit Werken, die vorläufig aus “DoDEA”-Schulen des Verteidigungsministeriums entfernt und einer “Compliance Review” unterzogen werden. Unterrichtsmaterialien werden dabei auf Übereinstimmung mit Verordnungen gegen “radikale Indoktrination” und Gender-Ideologie geprüft. Die Überprüfung ist noch nicht beendet.

In diesen Schulen werden Kinder des militärischen Personals und der zivilen Angestellten der Streitkräfte unterrichtet. “Es ist ein Schock für mich”, schrieb Moore auf Instagram, “dass Freckleface Strawberry aus Schulen verbannt wurde, die vom Verteidigungsministerium geführt werden”. Für die Tochter eines Veteranen, die selbst in einer dieser Schulen unterrichtet wurde, sei ein solches Verbot besonders bitter.

Vielleicht tröstet es die Schauspielerin, dass es für das rund 18 Jahre alte Buch, in dem sie autobiografische Erfahrungen aufgriff, in den Augen vieler Bücherfreunde wohl keine bessere Werbung geben könnte. Die deutsche Ausgabe wirbt jetzt sogar mit einem Sticker auf dem Cover, der das “Entfernt!”-Verdikt der Trump-Regierung sozusagen als Gütesiegel interpretiert.

Auch deutsche Kinder – und ältere Julianne-Moore-Fans – können nun an den Turbulenzen teilnehmen, die die siebenjährige “Streuselnase” überstehen muss, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Die Handlung kreist darum, wie sich die Kleine wegen ihrer flammend roten Haare und ihrer Sommersprossen ständig blöde Kommentare anhören muss. Deshalb hadert sie mit ihrem Aussehen und will den vermeintlichen Makel zunächst loswerden – bis sie im Lauf der Geschichte lernt, dass sie auch mit Sommersprossen von vielen geschätzt und geliebt wird.

Eine schöne Lektion in Sachen Selbstakzeptanz, die durch die Zusammenarbeit von Julianne Moore mit der Illustratorin LeUyen Pham beträchtlichen Charme entfaltet. Pham flankiert die pointierten, lakonisch-humorvollen Sätze, in denen Moore ihr Kindheitsdilemma umreißt, mit Zeichnungen, die der zeitlich nicht näher verorteten Geschichte einen Retro-Touch verleihen und in schwungvollen Strichen und einer zarten Farbgebung in Gelb-Grün-Rot-Tönen vor allem mit ihren drollig-markanten Charakterzeichnungen bestechen.

Auch wenn das unsichere kindliche Alter Ego der Kino-Ikone in den USA aus manchen Schulen verbannt bleiben sollte, dürfte es hierzulande jede Menge neue Freundinnen und Freunde finden.