SH: Mehr Kinder und Jugendliche beschweren sich

Zunehmend mehr Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein wenden sich an die Beschwerdestelle des Landes. So registrierte das Team von Ombudsfrau Samiah El Samadoni 2022 und 2023 insgesamt 761 Petitionen und damit 184 mehr als in den beiden Jahren zuvor. Gründe für diesen Anstieg seien die bessere Bekanntheit der Beschwerdestelle sowie das zunehmende Bedürfnis an Unterstützung im Bereich der stationären Hilfen, sagte El Samadoni am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts in Kiel laut Mitteilung.

Seit Einrichtung der Beschwerdestelle im Jahr 2016 bearbeitete das Team 2.369 Petitionen. In den vergangenen beiden Jahren lag der Schwerpunkt mit 438 Eingaben erneut bei den Hilfen zur Erziehung, wobei sich der Großteil (323 Fälle) um die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in stationären Einrichtungen, also in Wohngruppen, drehte. Im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum (225 Fälle) gab es hier einen deutlichen Zuwachs von fast 100 Eingaben. In weiteren 115 Fällen ging es um ambulante Erziehungshilfen.

Positiv bewertete die Bürgerbeauftragte, dass sich mehr Kinder und Jugendliche als in den Vorjahren direkt an die Beschwerdestelle wandten. Die jüngste Anruferin war ein zehnjähriges Mädchen, das verschiedene Regelungen ihrer Wohngruppe als zu streng empfand.

Bei 15 Beschwerden, die insgesamt 14 verschiedene stationäre Einrichtungen betrafen, wurde die Einrichtungsaufsicht eingeschaltet. Diese Beschwerden betrafen etwa das Verhalten von Erziehern. So ging es etwa um körperliche Übergriffe oder fragwürdige pädagogische Maßnahmen, wie Handyverbote nach unerlaubtem Entfernen aus der Einrichtung oder auch Schminkverbote bei Schulabstinenz.

Gegenstand weiterer Beschwerden waren mangelnde medizinische Versorgung oder Vernachlässigung der Kinder und Jugendlichen in Einrichtungen. In einem Fall ging es um Mängel des Brandschutzes, bei der es zu einem Brand mit mehreren Verletzten gekommen war. Diese Einrichtung wurde von der Einrichtungsaufsicht geschlossen.

El Samadoni bemängelte, dass es für Kinder und Jugendliche mit besonders intensivem pädagogischem Betreuungsbedarf in Schleswig-Holstein an stationären Plätzen mangele. Diese Plätze würden für Kinder und Jugendliche benötigt, die stationär untergebracht sind, aber aufgrund ihrer Erkrankung immer wieder in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt werden müssen. Auch Kinder, die als „nicht mehr betreubar“ gelten, bräuchten Plätze in einer stationären Einrichtung.

Weiter kritisierte El Samadoni, dass in Schleswig-Holstein keine Schulpflicht für Kinder und Jugendliche besteht, die von Jugendämtern aus anderen Bundesländern in schleswig-holsteinischen Einrichtungen untergebracht werden. „Nur durch eine Schulpflicht für alle Kinder in Schleswig-Holstein ist eine Gleichbehandlung sichergestellt. Diese Entscheidung darf nicht bei Trägern der stationären Einrichtungen liegen“, sagte sie.