Schweitzer räumt Fehler des Landes in der Ahrtal-Flutnacht ein
Mit einer Plenardebatte über den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Ahrtalflut im rheinland-pfälzischen Landtag hat die politische Aufarbeitung der Katastrophe ein vorläufiges Ende gefunden. „Auch auf Ebene der Landesregierung sind Fehler gemacht worden“, sagte Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) am Freitag in Mainz. Er trage die Verantwortung dafür, dass die Regierung aus diesen Fehlern lerne, bei der Neuaufstellung des Katastrophenschutzes geschehe dies auch. Zu konkreten Vorwürfen äußerte er sich jedoch nicht. Der über 2.000 Seiten starke Abschlussbericht hebt insbesondere massive Versäumnisse beim Krisenmanagement des damaligen Landrats im Kreis Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), hervor.
In 47 Sitzungen hatte der elfköpfige Untersuchungsausschuss rund 250 Zeugen und Experten befragt. Einige der Sitzungen dauerten bis spät in die Nacht an. „Diese Naturkatastrophe, diese Apokalypse, hat unser Bundesland bis ins Mark getroffen“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD). Daher sei auch der elfköpfige Untersuchungsausschuss keiner gewesen wie andere in der Vergangenheit. Es sei nicht um Geld oder Verträge gegangen, sondern um 136 Menschenleben und um Tausende Menschen, die in eine existenzielle Notlage geraten seien.
Die Oppositionsfraktionen betonen in ihren Sondervoten die Verantwortung der Aufsichtsbehörde ADD und der Landesregierung, die das Ausmaß der Katastrophe viel zu spät erkannt habe. Alle Verantwortlichen in Mainz seien einfach davon ausgegangen, dass der Katastrophenschutz vor Ort schon irgendwie funktionieren werde, beklagte Dirk Herber, Obmann der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschuss: „Es gab im Land keine Kommunikation, keine Zusammenkunft, keinen Abgleich des Kenntnisstandes, keine Absprache über erforderliche Maßnahmen, keinen Kontakt zu den Krisenstäben vor Ort und keine Reaktion an die Öffentlichkeit oder die Medien.“
Herber sowie Redner von AfD und Freien Wählern forderten erneut die Entlassung von Umweltstaatssekretär Erwin Manz und ADD-Präsident Thomas Linnertz. Die ADD habe die gravierenden strukturellen Mängel bei der Organisation des Katastrophenschutzes im Landkreis Ahrweiler nicht beanstandet, und auch in Mainz seien die Defizite nie aufgefallen, bemängelte Stephan Wefelscheid, Obmann der Freien Wähler.
SPD-Obmann Nico Steinbach verwies darauf, der damalige Landrat Pföhler sei von einem neutralen Gutachter als „Systemsprenger“ bezeichnet worden. Er habe sich während der Flutkatastrophe nicht nur nicht um die Einsatzleitung gekümmert, sondern Hilfsangebote des Landes zunächst sogar abgelehnt.
Nach anhaltenden Starkregenfällen im Sommer 2021 war die Ahrtalregion in der Nacht vom 14. auf den 15 Juli von einer riesigen Flutwelle zerstört worden. Der Landkreis Ahrweiler hatte den Katastrophenfall erst kurz vor Mitternacht ausrufen lassen, als zahlreiche Ortschaften bereits komplett überflutet und von der Außenwelt abgeschnitten waren. Die meisten Todesopfer forderte die Flutkatastrophe am Unterlauf der Ahr in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und in Sinzig vor der Mündung der Ahr in den Rhein.
Erkenntnisse im Zuge der Beweisaufnahme hatten bereits zu den Rücktritten von Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) und Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) geführt, die zum Zeitpunkt der Flut an der Spitze des rheinland-pfälzischen Umweltressorts gestanden hatte. Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen Ex-Landrat Pföhler und den ehrenamtlichen Leiter seines Krisenstabs wurden im Sommer 2024 ohne Anklage eingestellt, weil ein Zusammenhang zwischen den Fehlern beim Katastrophenmanagement und den Todesopfern nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könne.