„Vergiss Meyn nicht“: Doku zeigt Proteste im Hambacher Forst
Filmemacher Steffen Meyn verunglückte 2018 im Hambacher Forst. Drei ehemalige Mitstudierende haben nun einen Film über seine Arbeit und die damaligen Proteste gemacht.
Im Jahr 2018 stürzte der junge Filmemacher Steffen Meyn während eines Polizeieinsatzes zur Räumung der Baumhäuser im besetzten Hambacher Forst von einer Hängebrücke zu Boden und starb. Die Studierenden und Lehrenden der Kölner Kunsthochschule für Medien, wo Meyn studierte, waren durch das Ereignis im Schock erstarrt. Aus der Trauer heraus versprachen sie, die Arbeit des Verstorbenen lebendig zu erhalten. Meyn hatte zuletzt an einem 360-Grad-Projekt zu den Protest-Aktivitäten im „Hambi“ gearbeitet, von dem Bilder auch in diesem Dokumentarfilm über ihn und die Proteste zu sehen sind.
Realisiert haben den Film „Vergiss Meyn nicht“ drei ehemalige Kommilitoninnen und Kommilitonen, denen großzügig Material zur Verfügung stand, weil Meyn mit der auf einem Fahrradhelm angebrachten 360-Grad-Actionkamera, einer Handkamera und dem Handy neben dem Geschehen im Camp auch viele seiner eigenen Aktivitäten ausführlich dokumentiert hat. So ist der Wald aus der aufregenden der Perspektive eines Fast-Vogels beim Besuch in benachbarten Baumhäusern zu sehen, ebenso krasse Polizeieinsätze. Auch die Auf- und Abstiege der Waldbesetzer und -besetzerinnen, ihre Gänge durch die Baumwipfel und ihre Sicherheitsmaßnahmen zeigt der Film.
Zu Direktbildern gibt es Gespräche mit Aktivisten
Mal geht es um die Erinnerung an Steffen Meyn („Ich glaube, er war sich selber so gar nicht unangenehm, und das war mir angenehm“, sagt eine), mal um Motivation („Wichtig, an Dinge zu glauben, die wichtiger sind als ich“). Auch der spätere Ausstieg aus dem Protestleben, bei dem in der Kommunikation untereinander persönliche Details ausgeklammert werden mussten, ist Thema.
Dabei werden Widersprüche deutlich zwischen den klugen politischen Statements der befragten Aktivistinnen und Aktivisten, der beschriebenen Ohnmacht gegenüber den gewalttätigen Polizeiübergriffen und den Realitäten innerhalb der keineswegs homogenen Protestszene. Während die von Meyn und im Film Befragten höchst verantwortungsbewusst und oft auch bewusst gewalt- und drogenfrei leben, scheinen andere eher die Niederungen des Wutbürgertums auszuleben. Dazu passt, dass für die im Film befragten jungen Aktivistinnen ein Grund der späteren Distanzierung vom Protestcamp auch sexualisierte Gewalt auf der eigenen Seite war.
Formal greift der Film nach etwa einer Stunde die anfängliche 360-Grad-Fahrt im Wald mit einer ähnlichen, in einem nicht weiter identifizierten geschlossenen Büroraum zu intensiv flirrender Musik auf. Meyns Absturz selbst wird dabei als Klammer zu Anfang mit dem panischen direkten Danach und gegen Ende mit dem direkten Davor aus seiner Helmkamera selbst eingefügt. Dabei wird die Frage nach der Verantwortung für diesen Tod von einzelnen Befragten sehr gut reflektiert, vom Film selbst jedoch klugerweise gar nicht gestellt.