Schutz gegen Menschenhandel gefordert – Aktionsplan angekündigt
Welche Rechte und Hilfe gibt es für Opfer von Menschenhandel in Deutschland? Experten fordern klare Verbesserungen. Die Regierung kündigt an, einen Aktionsplan zu entwickeln.
Zum Europäischen Tag gegen Menschenhandel am Freitag hat die Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan gegen Ausbeutung angekündigt. Der Maßnahmenkatalog werde derzeit erarbeitet und solle im Frühjahr 2025 verabschiedet werden, teilten Innen-, Justiz- und Familienministerium am Donnerstag in Berlin mit. Der Schutz und die Unterstützung Betroffener hätten “höchste Priorität”, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).
“Wir wollen die Täter zur Verantwortung ziehen, ihre Netzwerke zerschlagen und die Opfer schützen”, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte, der Aktionsplan werde auch auf eine effektive Strafverfolgung zielen, unter anderem durch eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern.
Zu den Schwerpunkten des Aktionsplans sollen laut Regierung zudem ein umfassender Schutz und mehr Beratungsangebote für Betroffene gehören. Behörden und Zivilgesellschaft sollen mehr zusammenarbeiten. Eine bessere Datenlage soll dabei helfen, die Lage der Betroffenen besser zu verstehen und gezielter Maßnahmen zu entwickeln.
Das greift viele Punkte auf, die das Deutsche Institut für Menschenrechte in seinem am Donnerstag erstmals vorgelegten “Monitor Menschenhandel in Deutschland” formuliert hat. Laut dem Bericht wurden von 2020 bis 2022 in Deutschland zwar 2.021 Tatverdächtige ermittelt, aber nur 509 Menschen verurteilt. Es gebe zu viele Hürden, um den Strafrechtsparagrafen zu Menschenhandel anzuwenden, so die Experten. Betroffene sollten zudem die Möglichkeit haben, sich an Ermittler zu wenden, ohne selbst mit einer Strafe rechnen zu müssen.
Opfer von Menschenhandel sollten aus Sicht des Instituts generell mehr Schutz und Rechte erhalten. So brauche es flächendeckend Schutzunterkünfte für Betroffene. Nur acht Bundesländer finanzierten bisher solche speziellen Unterkünfte. Zudem sei Betroffenen unabhängig von ihrer Bereitschaft zur Kooperation in Strafverfahren ein Aufenthaltsrecht zu gewähren und sie sollten ohne Hürden Zugang zu Sozialleistungen haben.
Laut dem Monitor identifizierten Ermittlungsbehörden von 2020 bis 2022 insgesamt 3.155 von Menschenhandel Betroffene, zwei Drittel davon waren Frauen. Fachberatungsstellen nahmen im selben Zeitraum 2.652 neue Fälle auf und arbeitsrechtliche Beratungsstellen zählten 1.052 Verdachtsfälle. Das Institut bemängelt, dass es bislang keine einheitliche Statistik gebe. Die Experten gehen daher von einer höheren Dunkelziffer aus.
Die häufigsten Ausbeutungsformen in Deutschland sind laut Bericht sexuelle Ausbeutung und Arbeitsausbeutung. Auf dem Bau, in der Landwirtschaft oder in der häuslichen Pflege müssen Betroffene etwa unter Zwang länger arbeiten, sie bekommen keinen oder kaum Lohn oder erfahren Gewalt. Ausbeutung durch Bettelei, das Begehen von Straftaten oder die Entnahme von Organen kommen ebenso vor wie Zwangsheirat, illegale Adoption und Leihmutterschaft. Betroffen seien Deutsche genauso wie Migranten.
Weiterhin raten die Experten, dass Behördenmitarbeitende flächendeckend und regelmäßig zu Rechten von Betroffenen geschult werden sollten. Auch müsse ein langfristig finanziertes und flächendeckendes Beratungsangebot geschaffen werden. In Berlin wurde gerade die erste Beratungsstelle für Minderjährige, die von Menschenhandel betroffen sind, eröffnet. Auf Grundlage der Erfahrungen in der Hauptstadt sollten alle Länder die Einrichtung eines solchen Angebots prüfen, so die Experten.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist von der Bundesregierung damit betraut worden, die Umsetzung europäischer Regeln gegen Menschenhandel unabhängig zu begleiten.