Dem jungen Horst Buchholz verdanke ich meine erste Begegnung mit „Auferstehung“. Er spielt in dem 50er-Jahre-Film nach dem gleichnamigen Roman von Leo Tolstoi einen jungen, reichen Fürsten. Der hat große Schuld auf sich geladen.
Vor einigen Jahren hat er ausgerechnet in der Osternacht – damals noch ein schneidiger Offizier – bei einem Besuch seiner Tanten ein blutjunges Dienstmädchen verführt und mit ein paar Rubeln „entlohnt“. Nun begegnet er ihr wieder. Vor Gericht soll er als Geschworener ein Urteil über sie fällen. Erschüttert muss der Fürst feststellen, dass es seine unüberlegte „Jugendsünde“ war, die die Frau ruinierte und auf die schiefe Bahn brachte.
In seinem verzweifelten Versuch, das Unrecht zu sühnen, lässt er sein altes Leben hinter sich und folgt der Verurteilten nach Sibirien, obwohl sie einen Heiratsantrag abgelehnt hat.
Das ist das grobe Gerüst von Tolstois Roman, den ich nach dem Film auch las. Wenn man sich auf Tolstoi einlässt, beschenkt er die Leserin, den Leser mit einer Fülle an Figuren, präzisen Charakterbeschreibungen und – in diesem Alterswerk – mit der spannenden Frage nach Schuld und Sühne. Verblüffend aktuell angesichts der aktuellen „#MeToo“-Debatte.
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