Schriftstellerin Donna Leon beklagt „Zensur“ in der Literaturbranche

Sind heutige Leserinnen und Leser zu empfindlich? Bestsellerautorin Donna Leon hat dazu eine klare Meinung.

Schriftstellerin Donna Leon hier bei der Internationalen Buchmesse in Frankfurt (2019)
Schriftstellerin Donna Leon hier bei der Internationalen Buchmesse in Frankfurt (2019)Imago / Manfred Segerer

Die Bestseller-Autorin Donna Leon (80) sieht eine neue Zeit der Zensur gekommen. „Wir leben jetzt in einer Welt, in der man nichts schreiben darf, was Leser kränkt, überrascht, verletzt, verstört oder in irgendeiner anderen Weise Empfindlichkeiten berührt“, sagte die Schriftstellerin der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Das gefällt mir ganz und gar nicht. Das nennt man Zensur.“

Die Praxis, Literatur-Klassiker wie „Pippi Langstrumpf“ um rassistische Begriffe zu bereinigen, vergleicht Donna Leon mit der Geschichtsklitterung des Kommunismus: „Im Namen von Werten und Moral redigieren die Leute die Vergangenheit um – genauso, wie es die Kommunisten in Russland gemacht haben“, sagte die 80-Jährige: „Wer eben noch am Tag des Sieges mitmarschierte, wurde im nächsten Jahr schon wieder aus dem Foto retuschiert.“ Leon plädiert dafür, die Sprache der Vergangenheit als Teil der Geschichte anzuerkennen.

Kein Proteststurm gegen eigene Bücher

Gegen ihre eigenen Bücher sei noch nie ein Proteststurm entbrannt, sagte Leon – mit einer Ausnahme: Nachdem sie in einem ihrer Krimis einen Hund habe sterben lassen, hätten Leser Protestbriefe geschrieben: „Wahrscheinlich habe ich in meinen Krimis an die 50 Menschen sterben lassen. Das stört keinen. Aber bei einem Golden Retriever hört der Spaß auf.“ Die US-amerikanisch-schweizerische Schriftstellerin wurde vor allem für ihre Kriminalromane mit dem venezianischen Polizisten Commissario Guido Brunetti bekannt.