Schlafen Christen besser?

Wie schläft man eigentlich am besten ein? Und was hält uns von einem entspannten Schlaf ab? Diese Fragen beantwortet der Schlafmediziner Johannes Wiedemann im Interview

In einer Hamburger Praxis arbeitet Johannes Wiedemann als Schlafmediziner. Der Lungenfacharzt behandelt seine Patienten auch im Schlaflabor an der Universitätsklinik Eppendorf. Mit Timo Teggatz hat er darüber gesprochen, wie Beten beim Einschlafen hilft.

Schlafen Christen besser als Menschen, die nicht gläubig sind?
Eine spannende Frage! Ich glaube nicht, dass es dazu eine wissenschaftliche Untersuchung gibt. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es der Fall ist. Denn wer glaubt, ruht in sich und geht fester durchs Leben. Diese Art der Entspannung vermeidet Stress und kann zu einem besseren Schlaf führen. Stress – ob beruflich oder privat – ist einer der wesentlichen Gründe, warum wir nachts wach liegen.

Welche Rolle spielen dabei Gebete, die viele Gläubige abends vor dem Zubettgehen sprechen?
Gebete können eine wichtige Funktion haben. Wenn man regelmäßig abends betet, werden sie zu einem Ritual. Und regelmäßige Handlungen helfen uns beim Einschlafen. Dabei schließt man mit den Handlungen des Tages ab, gerade wenn man im Gebet den Tag noch einmal Revue passieren lässt. Wer morgens, mittags und abends betet, strukturiert damit seinen Tag. Auch das ist eine große Hilfe, ein gleichbleibender Tagesablauf ist sehr wichtig. So leiden zum Beispiel Krankenschwestern auch noch mehrere Jahre nach ihrem Ruhestand unter Schlafstörungen, weil sie immer zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten mussten.

„Der Schlaf vor Mitternacht ist der gesündeste“, heißt es ja. Ist man deshalb für einen gesunden Schlaf im Kloster am besten aufgehoben?
In einem Kloster ruht man tatsächlich sehr gut. Das liegt daran, dass man dort auf traditionelle Weise mit der Sonne lebt. Wenn es hell ist, ist man wach. Wenn es dunkel wird, geht man ins Bett – eine sehr gute Taktung. Sie sorgt für eine gute Schlaf­hygiene. Im Kloster gibt es außerdem keine permanente Reiz-Überflutung mit Musik, Reklametafeln oder Handy-Piepen. Dass der Schlaf vor Mitternacht der gesündeste ist, stimmt aber nur bedingt. Es kommt darauf an, dass er lange genug ist: in der ersten Hälfte mit Tiefschlafphasen und in der zweiten Hälfte mit Traumphasen.

Und wie lange ist lange genug?
Das ist sehr individuell. Manche Menschen kommen mit sehr wenig Schlaf aus. Man weiß zum Beispiel von Napoleon, dass er nur viereinhalb Stunden pro Nacht geschlafen hat. Sechs Stunden sollten es aber schon sein. Die meisten Menschen kommen mit acht bis zehn Stunden pro Nacht aus. Am Wochenende können wir verlorenen Schlaf wieder reinholen.

„Nachschlafen“ funktioniert?
Ja, bis zu einem gewissen Grad. Etwa anderthalb Stunden sind möglich. Das klappt im dunklen Winter besser als im hellen Sommer.

Jetzt brauchen wir von Ihnen noch dringend Tipps, wie man am besten einschläft.
Das Schlafzimmer sollte eine kühle Temperatur haben. Das wird von vielen Menschen als angenehm empfunden, auch wenn es dafür keine wissenschaftliche Notwendigkeit gibt. Den Wecker sollte man so positionieren, dass man ihn vom Bett aus nicht sehen kann. Sonst schaut man immer wieder drauf, wenn man nicht einschlafen kann. Außerdem sollte das Bett für den Schlaf reserviert sein. Notebook, Handy und Fernseher haben dort nichts zu suchen. Ohnehin ist am Abend ein Buch besser als der Computer. Das helle Licht des Bildschirms signalisiert dem Gehirn nämlich, dass es Tag ist.