Schillernd und sparsam: Ludwig I. trug 60 Jahre denselben Hausmantel

Das Haus der Bayerischen Geschichte präsentiert von Mai bis November 2025 die bayerische Landesausstellung „Ludwig I. – Bayerns größter König?“ in Regensburg. Sie erzähle von den Veränderungen im Königreich Bayern unter der Herrschaft Ludwigs I. von 1825 bis 1848 und sie stelle einen König vor, der „zielstrebig und widersprüchlich“ gleichermaßen war, sagte Projektleiter Rainhard Riepertinger im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auf der einen Seite ging er eine Affäre mit der schillernden Lola Montez ein, auf der anderen Seite trug der sparsame Monarch 60 Jahre denselben Hausmantel.

epd: Die bayerische Landesausstellung 2025 trägt den Titel „Ludwig I. – Bayerns größter König?“. War er denn kein großer König?

Rainhard Riepertinger: Das ist genau die Frage, die wir stellen und die letztendlich die Besucher beantworten sollen, nachdem sie Ludwig I. kennengelernt haben. Er war sicher ein König, der viel bewegt hat, allein wenn man an die Eisenbahn oder den Ludwig-Donau-Main-Kanal denkt, die Industrialisierung fällt in seine Zeit. Er war aber auf der anderen Seite ein König, der mit den Forderungen der Zeit nicht mehr so mitgehen konnte. Wenn man an die politische Mitbestimmung denkt, da tat er sich schwer. Das war mit ein Grund für seinen Rücktritt 1848, was allein für sich schon eine ungewöhnliche Aktion ist. Normalerweise endet ein Königtum mit dem Tod des Königs und ein neuer König kommt an die Macht. Ludwig aber lebte danach noch 20 Jahre weiter als Ruheständler.

epd: Sie meinen, er war modern und rückwärtsgewandt zugleich?

Riepertinger: Ludwig I. war eine sehr schillernde Figur. Er war ein sehr sparsamer, bis zum Geiz reichender König. Auf der anderen Seite hatte er für seine Bauprojekte, die bis heute Bayern prägen und touristische Hotspots sind, durchaus Geld ausgegeben. Er war ein Mann, der seine Ehefrau sehr geliebt hat, das wissen wir aus vielen Selbstzeugnissen, aber trotzdem hatte er Affären. Wir versuchen, diesen König in seiner Widersprüchlichkeit darzustellen, aber auch in seiner Bedeutung für das Königreich Bayern, mit seinen Licht- und Schattenseiten.

epd: Dennoch hat er viel bewegt. Mit seinen Schlössern, Plätzen und Kirchen, die er gebaut hat, hat er dem Land Bayern doch seinen Stempel aufgedrückt, oder nicht?

Riepertinger: Das ist sicher richtig und zeigt sich unter anderem besonders ausgeprägt in München und Regensburg. Was uns so erstaunt hat, war, dass er ein extrem arbeitsamer Mensch war. Er hat unglaublich viele Regierungsdokumente selbst gelesen, wollte vieles bis in die Details mitentscheiden. Das ist sehr faszinierend. Auch seine Sparpolitik: Er hatte ein Königreich übernommen, das sehr stark verschuldet war und beinahe an der Pleite stand. Das alles konnte er mithilfe seiner Mitspieler – Graf Armansperg, der als Finanzminister auch den Spitznamen „Sparmansperg“ bekommen hat – letztlich durch seine Sparsamkeit wieder in den grünen Bereich bringen.

epd: 1848 dankte Ludwig I. ab, weil er die Märzforderungen nicht unterzeichnen wollte. War das eine Kapitulation vor diesen neuen Partizipationsbestrebungen?

Riepertinger: Er wollte kein Unterschreibkönig sein, der nichts mehr mitentscheiden kann. Er wollte herrschen und kam mit diesen Zeitströmungen letztlich nicht mehr zurecht. Er hat durchaus darunter gelitten. Als die Abdankung erfolgte, war er zunächst froh und erleichtert, dann tat es ihm wieder leid. Er versuchte sich immer wieder in die Regierungsgeschäfte einzubringen und versuchte auch seinen Sohn zu beeinflussen, aber es gelang letztlich nicht. Er blieb im Ruhestand. Wir zeigen in der Ausstellung seinen Hausmantel, den er 60 Jahre lang getragen hat. Das muss man sich einmal vorstellen: Ein König trägt so ein abgetragenes Teil. Es spiegelt die Zeit wider, aber auch seine Sparsamkeit, die nicht bei ihm persönlich aufgehört hat. Er hat auch bei sich selbst gespart, wenn man mal von seiner Bau- und Kunstleidenschaft absieht.

epd: Man kommt nicht umhin, auch Lola Montez zu erwähnen. Macht ihn auch diese Affäre zu einer schillernden Figur?

Riepertinger: Lola Montez war auch ein Grund für seinen Rücktritt, er hatte durch diese Affäre an Ansehen verloren. Das kann man nicht anders als dramatisch bezeichnen. Es gibt da etliches an Spottgemälden, Spottzeichnungen zu Lola Montez und ihrem Verhältnis zu König Ludwig I. Wir zeigen ein wirklich tolles Gemälde, das eine Frau mit Raupenhelm und „L“ auf dem Visier und in Unterkleidern zeigt und wie ein männlicher Kopf, wohl Ludwig I., hinter einem Vorhang auf diese Frau schaut. Heute wäre so ein Gemälde harmlos, aber damals ging es um einen König, den man hiermit bloßstellte. Lola Montez wird mit etlichen Objekten in der Ausstellung zu sehen sein.

epd: Ludwig war auch ein bedeutender Kirchenerbauer. Welche Religionspolitik verfolgte er damit?

Riepertinger: Seine Konfessionspolitik war gleichzeitig vorwärts- als auch rückwärtsgewandt. Auf der katholischen Seite war es so, dass er viele Verbote aufhob, die von seinem Vater erlassen worden waren. Zum Beispiel das Wallfahrtsverbot. Er ließ über 130 Klöster neu- oder wiedergründen. Auf der anderen Seite muss man auch sein Verhältnis zur protestantischen Religion sehen. Seine Frau wie seine Mutter waren Protestantinnen, er selbst stand den Protestanten aber insgesamt eher zurückhaltend gegenüber. Auch das wollen wir zeigen. Es spiegelt sich wider im Kniebeugeerlass, da gibt es spannende Objekte zu sehen. Der Gründung der protestantischen Perlacher Kirche stand er sehr ablehnend gegenüber. Es dauerte über zehn Jahre, bis er endlich zustimmte. Den ersten Kelch dieser Kirche, wirklich ein schönes Teil, mit Korn- und Weinranken, zeigt auch diese Seite von Ludwigs Religionspolitik. (00/3332/06.11.2024)