Schauspielerin: „Frauen ab Mitte 40 sind ein blinder Fleck“

Filme faszinieren, zeigen fantasievolle Welten und Lebensgeschichten – nur eben nicht die aller Menschen. Bei Frauen über 47 Jahre hört die dargestellte Welt einfach auf, sagt Schauspielerin Gesine Cukrowski (55) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gemeinsam mit der Journalistin Silke Burmester hat sie die Initiative „Let’s change the Picture!“ gegründet. „Die Lebenswelten von Frauen zwischen 50 und 60 sind wie so ein richtig blinder Fleck in der Fernsehlandschaft“, weiß Cukrowski. Das möchte die Initiative ändern.

Cukrowski geht es wie etwa 21 Millionen anderen Frauen in Deutschland: Ihre Lebenswelt ist auf der Bühne oder dem Bildschirm selten zu sehen. „Mich interessieren Frauen meines Alters, oder auch ältere, die dann Vorbilder für mich sein könnten“, sagt die 55-Jährige. In Deutschland gebe es nur Großmütter, „böse Stiefmütter“ oder selten mal eine ältere Kommissarin – „nie aber zwei“. Andere Rollen gebe es nur sehr selten. Das zeigt auch eine Studie der MaLisaStiftung aus den Jahren 2017 bis 2020. Demnach stünden Frauen ab 50 Jahren nur noch 20 Prozent aller Film- und Fernsehrollen offen.

Cukrowski hörte das erste Mal mit 30 Jahren, dass sie zu alt für viele Rollen sei. Manche hätten das Glück, länger vor der Kamera jünger zu wirken, doch irgendwann fehlen die Angebote.„Geschichten, in denen eine Frau zwischen 50 und 60 eine Hauptrolle spielt, mit den entsprechenden Themen dieser Lebensphase, finden in Deutschland fast nicht statt“, kritisiert die Schauspielerin, die aus Serien wie „Der letzte Zeuge“ oder „Hotel Mondial“ bekannt ist. An Drehbuchautorinnen und -autoren, die solche Figuren in Filme hinein schreiben, fehle es zwar nicht, allerdings würden sie damit kein Geld verdienen. „Dann wird gesagt, tolle Figur, aber mach die mal 15 Jahre jünger“, sagt Cukrowski.

Das Gesamtproblem sieht die Schauspielerin im Patriarchat. Natürlich gebe es Sehgewohnheiten und Zuschauende müssten an eine Thematik, die zuvor tabuisiert war, gewöhnt werden. „Doch im Medien Staatsvertrag steht, dass die Sender verpflichtet sind, unsere Gesellschaft so abzubilden, wie sie ist“, betont Cukrowski.

Mit ihrer Initiative möchte die 55-Jährige „so lange auf die Nerven gehen, bis sich wirklich was verändert“. Ein bisschen Erfolg sei schon erkennbar: „Ich kriege als Feedback von Produzentinnen und Produzenten sowie Autorinnen und Autoren, dass sich da tatsächlich was verändert.“ Doch es müsse sich auch erst herumsprechen, dass Inhalte über ältere Frauen erfolgreich sein können.

Momentan verkörpert sie Astrid Lindgren im Stück „Astrid aus Smalland“ auf verschiedenen deutschen Bühnen. Cukrowski: „Lindgren ist ein sehr, sehr gutes Beispiel dafür, dass man Frauen auch unabhängig vom Alter betrachten kann. Sie ist eine Frau, die das Alter vergessen macht.“