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Sant’Egidio-Gründer Riccardi mit Julius-Itzel-Preis geehrt

Religionen, die sich als Kriegstreiber aufführen: Der Münchner Kardinal Reinhard Marx nutzt eine Laudatio am Samstagabend zu nachdenklichen Worten. Und verbindet sie mit einem Appell zum Dialog.

Andrea Riccardi (74), italienischer Historiker und Gründer der katholischen Gemeinschaft Sant’Egidio, hat den Julius-Itzel-Preis erhalten. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde ihm am Samstagabend bei einem Festakt im Alten Rathaus in München überreicht. Der Intellektuelle und Friedensaktivist habe sich zeitlebens für die Förderung von Solidarität und Gerechtigkeit eingesetzt, hieß es zur Begründung. Riccardis Vision und sein Glaube an die Kraft der Gemeinschaft habe Sant’Egidio zu einem Leuchtturm der Menschlichkeit gemacht.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx würdigte in seiner Laudatio die grundlegende Bedeutung zivilgesellschaftlichen Engagements. “Die Demokratie wird keine Zukunft haben, wenn die Menschen nur das tun, wozu sie rechtlich verpflichtet sind.” In den aktuellen Krisen, Kriegen und Auseinandersetzungen gehe es auch um die Weltanschauung. Marx würdigte Riccardis Verdienste. Dessen Gemeinschaft Sant’Egidio zeige eine Kirche, die nahe bei den Menschen sei.

Der Kardinal bat den Preisträger insbesondere um “neue Anfänge” im interreligiösen Dialog. Es gelte daran zu arbeiten, dass Religionen als Kräfte des Friedens wahrgenommen würden und nicht als Teil des Problems. Diesem Eindruck stünden Kriegstreiber im Namen des christlichen oder des muslimischen Glaubens entgegen. Ausdrücklich nannte Marx in diesem Zusammenhang den russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill und die Hamas in Palästina.

Der vom Unternehmer Julius Itzel (1905-1974) gestiftete Preis wurde erstmals 2003 verliehen. Ausgezeichnet wurden unter anderen der ägyptische Bischof Kyrillos William Samaan (1946-2023), die Frauenrechtlerin Schwester Lea Ackermann (1937-2023), der Missionar Sebastian Obermaier (1934-2016), die Lepraärztin und Ordensfrau Ruth Pfau (1929-2017) sowie zuletzt der frühere Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).

Itzel hat in seinem Testament verfügt, dass seine Stiftung Menschen auszeichnen solle, die jenseits ihrer beruflichen Pflichten ein gesellschaftspolitisch prägendes Lebenswerk geschaffen haben. Auch solle deren Persönlichkeit und Wirken überzeugend die Werte christlicher Humanität, Moral und Ethik widerspiegeln.

Die Itzel-Stiftung engagiert sich seit 1987 nach eigenen Angaben für Menschen und Tiere in Not. Sie unterstützt demnach Heime für alte und demente Menschen in Deutschland, Waisenkinder in der Ukraine und Europas größtes Tierheim in Berlin-Hohenschönhausen.