Saar-Innenminister: Rechtsextremismus größte Gefahr für Grundordnung

Der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) hat den Rechtsextremismus in seinen vielfältigen Ausprägungen als die „größte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ bezeichnet. Für die Sicherheit sei es weiterhin der islamistische Terrorismus, sagte er am Montag in Saarbrücken bei der Vorstellung des Lagebilds Verfassungsschutz 2023. Freiheit, Gleichheit und Sicherheit seien nur in einem funktionierenden, demokratischen System möglich. „Die Verteidigung unserer Demokratie und auch das Eintreten für unsere liberalen Werte, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist eine Aufgabe von uns allen“, unterstrich Jost. Nicht nur des Verfassungsschutzes und der Sicherheitsbehörden.

Im Jahr 2023 zählte der saarländische Verfassungsschutz einen Zuwachs im sogenannten Personenpotenzial Rechtsextremismus von 310 auf 340. Von ihnen seien zehn Prozent gewaltorientiert, erläuterte der Verfassungsschutzchef Ulrich Pohl. Dabei unterscheide die Behörde in vier Stufen: Ausführung, Vorbereitung, Unterstützung und Befürwortung. Das Internet sei nach wie vor das wichtigste Medium und ein „idealer Multiplikator“. Rechtsextremisten seien zudem zunehmend nicht vernetzte Einzelpersonen und weniger in klassischen Organisationen wie Parteien aktiv.

Wichtig für Mobilisierung und das Werben neuer Interessenten sei die rechtsextremistische Musikszene, betonte Pohl. Nach Corona habe diese ein „richtiges Comeback“ erlebt. Mit dem Verbot der „Hammerskins Deutschland“ im September 2023 und der damit verbundenen „Beschlagnahmung ihrer wesentlichen Örtlichkeit ‘Hate Bar’ in Dillingen“ sei es allerdings nicht gelungen, diese Struktur aufrechtzuerhalten.

Insgesamt zählte der Verfassungsschutz im vergangenen Jahr 367 Straftaten, die zum rechten Spektrum der politisch motivierten Kriminalität gehören. Darunter seien 312 rechtsextremistisch, erläuterte Pohl. Ein Schwerpunkt seien Propagandadelikte. Die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten liegt wie im Vorjahr bei 18. Die Fälle antisemitisch motivierter Taten ist dem Bericht zufolge von 31 auf 35 gestiegen.

Die AfD und ihre Jugendorganisation „Junge Alternative“ werden laut Pohl als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. In der jüngeren Vergangenheit zeigten Postings in den sozialen Medien zu den Themen Islam und Migration Anhaltspunkte für Solidarität mit den völkisch-nationalen Strömungen innerhalb der Gesamtpartei und anderen Akteuren der „Neuen Rechten“.

Auch bei den sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern, die die Bundesrepublik Deutschland ablehnen, stellte der Verfassungsschutz einen Zuwachs von 180 auf 220 Menschen fest. Wie bei den Rechtsextremen seien die sozialen Medien zentral für Agitation, Echokammern und die Verbreitung der eigenen Ideologie, erklärte der saarländische Verfassungsschutzchef. 15 Prozent der „Reichsbürger“ seien gleichzeitig rechtsextrem, zehn Prozent seien gewaltorientiert. Vor allem bei Äußerungen in den sozialen Medien sei nicht immer klar, ob es sich bei der Gewaltbefürwortung um „Maulheldentum“ oder einen realen Hintergrund handele.

Mit Blick auf Islamismus und islamistischen Terrorismus erläuterte Pohl, dass der Zuwachs von 420 auf 430 auf einem Anstieg der salafistischen Bestrebungen basiere. Die überwiegende Mehrheit gehöre der politischen Strömung an und wolle auf diesem Wege etwas verändern. Der Salafismus könne vielfach aber der Nährboden für Islamismus sein. Und da sei der sogenannte Islamische Staat „nach wie vor eine Bedrohung für den Westen und Deutschland“, betonte Pohl. Im vergangenen Jahr hat es dem Bericht zufolge zwölf Straftaten, aber keine Gewalttaten gegeben. Der sogenannte Ausländerextremismus ohne Islamismus verzeichnet den Angaben zufolge 420 Menschen (2022: 440).

Wie in den vorherigen Jahren war auch 2023 das Personenpotenzial im Bereich Linksextremismus rückläufig. Dieses sank laut Verfassungsschutzchef von 300 auf 250. Im vergangenen Jahr zählte der Verfassungsschutz acht linksextreme Straftaten, darunter eine Gewalttat.