Die Klage einer Frau aus Bayern zum Rundfunkbeitrag könnte die Justiz noch weitere Jahre beschäftigen. Geklagt hatte die Frau 2022 gegen den Bayerischen Rundfunk wegen ihre Ansicht nach mangelnder Programmvielfalt und fehlender Ausgewogenheit. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verwies den Rechtsstreit am Mittwoch zur Klärung des Sachverhalts an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurück. Der Vorsitzende Richter Ingo Kraft sagte, das Berufungsurteil sei aufgehoben, der Verwaltungsgerichtshof müsse erneut verhandeln und entscheiden. (AZ: 6 C 5.24)
Zu klären ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß Mängel bestehen. Zum Nachweis von möglicherweise „evidenten und regelmäßigen Defiziten“ sei eine Zeitspanne von mindestens zwei Jahren in den Blick zu nehmen.
Eine wechselseitige Verknüpfung zwischen Beitragspflicht und Erfüllung des Funktionsauftrages der Rundfunkanstalten gebe es laut Staatsvertrag zwar nicht, so das Gericht. Allerdings würde es „an der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Beitragspflicht“ fehlen, wenn das Gesamtprogrammangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Anforderungen der Vielfalt und Ausgewogenheit „über einen längeren Zeitraum gröblich verfehlt“, sagte Kraft.
Der Richter verwies jedoch darauf, dass es schwierig sei festzustellen, „ob die gebotene Abbildung der Meinungsvielfalt und deren ausgewogene Darstellung im Gesamtprogrammangebot tatsächlich gelingt“. Programmvielfalt und Ausgewogenheit stehen Kraft zufolge für einen „Zielwert, der sich stets nur annäherungsweise erreichen lässt“. Schließlich sei auch der grundrechtlich verbürgten Programmfreiheit Rechnung zu tragen.
Die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrages sei aber erst dann infrage gestellt, wenn das mediale Gesamtangebot aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über einen längeren Zeitraum grobe und regelmäßige Defizite erkennen lasse, sagte Kraft. Ob die Klägerin eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erreichen kann, erscheint laut Angaben des Bundesverwaltungsgerichtes nach dem „bisherigen tatsächlichen Vorbringen derzeit überaus zweifelhaft“.
Die Frau war mit ihrer Klage in beiden Vorinstanzen gescheitert. Der Rechtsanwalt der Klägerin, Harald von Herget, sagte zur Entscheidung des Bundesgerichts, seine Mandantin habe für alle Beitragszahler etwas erreicht.
„Wir haben einen Erfolg erzielt“ sagte der Anwalt: „Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist aufgehoben worden.“ Allerdings sei „noch nicht gesichert, dass bei einer weiteren Tatsachenaufklärung vor dem Verwaltungsgerichtshof die Offenkundigkeit der Verletzung der Meinungsvielfaltspflicht“ bestätigt werde, räumte er ein. Das sei jetzt noch “ein hartes Stück Arbeit. Die Hürde sei zu Recht hoch, weil die Rundfunkfreiheit ein hohes Verfassungsgut sei.
Das Verfahren geht weiter, sagte von Herget. Er sei aber „dankbar für die klärenden Worte des Gerichts“ und den Hinweis auf die Prüfungspflicht der Gerichte. Er wünsche sich, dass das Rundfunkrecht weiter entwickelt werde und sich eine „Legitimationslücke“ schließe. „Der Pflicht stehen auch Rechte gegenüber“, sagte der Anwalt.