Rückkehr zum Land der Pinguine

Visuell berauschendes, melancholisch gestimmtes Reisetagebuch von Luc Jacquet, der ein weiteres Mal in die Antarktis reist.

Von Beginn an durchweht eine melancholisch-sehnsüchtige Note den Film, die sich wie feiner Sprühnebel und gelegentlich auch als dunkle Regenwolke über die „Rückkehr zum Land der Pinguine“ legt. Der Ich-Erzähler Luc Jacquet, der in der deutschen Fassung mit sanfter Stimme von Ronald Zehrfeld gesprochen wird, steht im Zentrum des Films.

„Reisen wir gemeinsam in die Antarktis“, heißt es am Anfang. „Vielleicht verfällst auch du dem Charme des magnetischen Kontinents.“ Die Expedition beginnt in Südpatagonien, einer unwirtlichen, menschenleeren Region. Die karge Steppenlandschaft wird von Felsnadeln und schroffen, kahlen Bergen umgrenzt, den südlichen Ausläufern der Anden. Sogar hier sind Umweltschäden erkennbar: zerstörte Wälder, vermutlich durch Waldbrände. An der Südspitze des Kontinents, im Land des Windes, gibt es nur wenig Leben. Ein paar Guanakos springen durch das Grasland, mächtige Andenkondore kreisen über den sturmumtosten Bergen.

Weiter geht es nach Feuerland. „Diese Region löst Emotionen in mir aus wie sonst keine“, sagt der Erzähler und zeigt dazu Landschaftsbilder von irritierend-hypnotischer Schönheit in bestechendem Schwarz-weiß. Die Kamera schweift über eine Kolonie von Pinguinen, Robben liegen am Strand, und vor der Küste pusten Blauwale ihre Atemluft aus. Vom Lagerfeuer aus sprühen Funken in den nächtlichen Himmel. Das ist eine beinahe mystische Atmosphäre am „Fin del mundo“, am Ende der Welt:

Von hier aus führt der kürzeste Weg in die Antarktis am berüchtigten Kap Hoorn vorbei. Jacquet besteigt das Schiff, Albatrosse begleiten die Reise ins Eis. Bald klirren die ersten Eisschollen gegen den Schiffsrumpf, dann geht es ins Packeis, bis schließlich das Ziel erreicht ist: eine Kolonie von Kaiserpinguinen.

Doch im Gegensatz zu „Die Reise der Pinguine“ (2004) spielen die putzigen Tiere diesmal nur eine Nebenrolle. Jacquet erzählt wenig von ihnen, er spricht über seine Gefühle. Auch deshalb sind die Bilder deutlich stärker als die Texte, die nahezu pausenlos als Rückbesinnungen oder wehmütige Selbstbetrachtungen aufs Publikum niedergehen.

Jacquet verknüpft seine grandiosen Bilder, deren atmosphärische Spannung eher kontemplativ als leidenschaftlich wirkt, mit so viel verbaler Schwermut, dass man von einer beinahe depressiven Grundstimmung sprechen muss. So wünscht er sich, dass auch seine Kinder und Enkel noch das Gefühl erleben können, von der Herrlichkeit der Welt erfüllt zu sein.

Ihm selbst ist das allerdings kaum anzumerken. Seine obsessive Liebe zur Antarktis wird zwar mehr als deutlich. Doch er ist offensichtlich unglücklich angesichts der Vergänglichkeit seiner selbst und der Antarktis, die sich durch den Klimawandel erheblich verändert hat. Seine Äußerungen, die mitunter zwischen Plattitüde und Kitsch lavieren, werden in der zweiten Hälfte des Films gelegentlich sogar unfreiwillig komisch – und das angesichts der exquisiten Bilder, in denen die Natur in ihrer ganzen wilden Schönheit gefeiert wird.

Die atemberaubende Landschaft und ihre meditative Wirkung scheinen Jacquet gar nicht bewusst zu werden; ihn beeindruckt eher die Vorstellung, als winziges Menschlein inmitten der eisigen Leere zu stehen oder sich zwischen Pinguinen oder Robben ganz selbstverständlich zu bewegen. Er will Teil der Natur sein, will sich mitreißen und überwältigen lassen – und er lässt das Publikum daran teilhaben.

Ein kleiner Höhepunkt in einem an dramaturgischen Höhepunkten eher sparsamen Film ist ein Schneesturm, der die Kolonie der Kaiserpinguine trifft. Sehenswert ist „Rückkehr zum Land der Pinquine“ vor allem wegen der hypnotischen Bilder, in denen Jacquet und seine Kameraleute gekonnt mit Kontrasten und Graustufen, Schärfe und Unschärfe spielen, aber auch wegen des Soundtracks, der manchen Kommentar ausgleicht. In der neoklassischen Musik von Cyrille Aufort finden sich durchaus Zwischentöne; manchmal geht es leicht und tänzerisch zu, dann kraftvoll und dynamisch, während Luc Jacquet eher bei einem einzigen Ton verharrt. Er klagt nicht an, er ist einfach traurig angesichts der vergänglichen Schönheit der Natur.