Ronneburg: Verschollenes Wandbild wiederentdeckt

Ein fast vollständig erhaltenes DDR-Wandbild aus Emaille-Platten ist überraschend wieder aufgetaucht. Das Werk habe bis in die 1990er Jahre die Fassade eines Gebäudes des ehemaligen Wismut-Transportbetriebes im ostthüringischen Ronneburg geziert, sagte die Geschäftsführerin der Wismut-Stiftung, Julia Dünkel, anlässlich der Präsentation des Kunstwerks am Donnerstag vor Ort. Es sei ein ebenso unerwarteter wie auch spektakulärer Fund.

Am Anfang habe ein geheimnisvoller Anruf Ende 2023 gestanden. Der Anrufer habe mitgeteilt, man habe da etwas für die Stiftung, berichtete Dünkel. Bei einem ersten Treffen seien ihr 69 von 70 Metallplatten gezeigt worden, die zusammengesetzt auf einer Gesamtgröße von 32 Quadratmetern ein Doppelporträt eines Bergmanns und einer weiteren Person zeigten. „Es sind viele glückliche Umstände zusammengekommen, die das Kunstwerk die Zeit haben überdauern lassen“, sagte Dünkel.

Der Anrufer Manfred Schulze und sein Bruder Rainer hatten das Werk bei der Entrümpelung der Werkstatt ihres verstorbenen Vaters gefunden. Die Brüder erinnerten sich daran, dass sie damals Augenzeuge der Demontage des Wandbildes gewesen seien. Der Vater habe sich bei den Bauarbeitern die Erlaubnis geholt, die Platten mitzunehmen und sie so aus dem Schrottcontainer gerettet.

„Wären wir damals nicht selbst dabei gewesen, hätten wir vermutlich mit unserem Fund in der Garage selbst nicht viel anfangen können“, sagte Manfred Schulze dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er empfinde Hochachtung vor der Weitsicht seines Vaters, das Bild kurz nach dem Ende der DDR als wertvolles Kulturgut erkannt zu haben. Manfred Schulze engagiert sich selbst seit mehr als einem Jahrzehnt in der Kulturpolitik der Stadt.

Der Restaurator Tim Lücke ist nun zunächst mit der Sicherung und fachgerechten Lagerung der Metallplatten betraut. Perspektivisch ist eine Restaurierung und öffentliche Präsentation vorgesehen. Das Werk weist laut Lücke verschiedene Schäden auf. So seien die Metallplatten teilweise verbogen, die Emaille habe sich stellenweise von den Stahlplatten abgelöst oder sei gelockert. „Welchen Umfang, auch finanziell, die Restaurierung haben wird, hängt letztlich davon ab, wo und in welcher Form es künftig gezeigt werden soll“, sagte Lücke dem epd.

Laut der Museologin Andrea Goldmacher war das Bild der Wismut-Stiftung völlig unbekannt und auch nicht in den Archiven der Wismut-AG verzeichnet. Vermutlich seien die Platten Mitte der 1970er Jahre angefertigt worden. Die Stiftung, die sich der Bewahrung des Erbes des einst weltweit größten Uranproduzenten verschrieben hat, hoffe jetzt auf Hinweise aus der Bevölkerung. Gesucht würden Zeitzeugen, die Angaben zur Motivwahl, zum Entstehungsprozess und zum Künstler machen können. Vermutet werde aufgrund des Stils des Wandbildes der 2023 verstorbene Maler Werner Petzold als Urheber.

Der aus Leipzig stammende Petzold war ein Maler und Grafiker, der umfangreiche Aufträge von der damaligen Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut erhalten hatte. Seit seiner Flucht 1983 in die Bundesrepublik widmete er sich vor allem der Gestaltung sakraler Kunst.