Rinteln: keine Hinweise auf weitere Missbrauchsfälle

Vor 50 Jahren missbrauchte ein Pastor einen Konfirmanden. Erst jetzt, zur Goldenen Konfirmation, brach das Opfer sein Schweigen. Weitere mögliche Opfer haben sich bislang nicht gemeldet.

Kirche in Rinteln
Kirche in RintelnDieter Schütz / Pixelio

Rinteln/Kr. Schaumburg. Nach dem Bekanntwerden eines mutmaßlichen Falles von sexuellem Missbrauch durch einen leitenden Theologen vor 50 Jahren in Rinteln hat der evangelische Kirchenkreis bisher keine Hinweise auf vergleichbare Fälle erhalten. "Es braucht vermutlich Zeit, bevor sich jemand meldet", sagt der heutige Leiter des Kirchenkreises Grafschaft Schaumburg, Superintendent Andreas Kühne-Glaser. Vor rund neun Monaten hatte sich ein etwa 65-Jähriger Mann im Vorfeld der Goldenen Konfirmation bei der Kirche gemeldet und berichtet, er sei 1965 als Konfirmand von dem 1990 gestorbenen Superintendenten Kurt Eckels missbraucht worden.
Nach mehreren Gesprächen mit dem Betroffenen verschickte der Kirchenkreis in der vergangenen Woche mehr als 300 Briefe an Männer und Frauen, die zwischen 1965 und 1976 in Rinteln konfirmiert wurden. Darin bittet Kühne-Glaser die Empfänger, sich zu melden, falls sie Ähnliches erlebt haben. Es bestehe der Verdacht, "dass der verantwortliche Geistliche auch andere Schutzbefohlene sexuell missbraucht oder zu missbrauchen versucht hat".

Unter Vorwand ins Pfarramt bestellt

Einige der ehemaligen Konfirmanden hätten sich "erschrocken" über den Inhalt des Briefs geäußert, sagte Kühne-Glaser. Er sei am Wochenende in der Stadt von Einzelnen darauf angesprochen worden. Sie hätten Eckels als "netten Kerl" in Erinnerung.
Der damalige Superintendent hatte den Konfirmanden nach dessen heutigen Schilderungen unter einem Vorwand ins Pfarramt bestellt und von innen die Tür verschlossen. Dann soll es zu einem "körperlichen Übergriff" gekommen sein. Der Junge konnte aus dem Pfarrhaus fliehen. Er sei später nicht mehr belästigt worden. "Die Integrität der betroffenen Person sowie die Schilderung des Vorfalls lassen für uns keinen Zweifel daran, dass dieser Missbrauch so geschehen ist", sagte Kühne-Glaser.
Der Konfirmand habe damals nur einer einzigen Person seines Vertrauens von dem Erlebten erzählt. Gemeinsam hätten sie entschieden, weder die Eltern noch die Öffentlichkeit zu informieren. "Sie trauten sich nicht zu, im Rinteln der 1960er-Jahre den zu erwartenden Skandal durchzustehen." Nach Angaben des Landeskirchenamtes in Hannover ist damit erstmals seit 1945 ein leitender Theologe der hannoverschen Landeskirche posthum in den Verdacht des sexuellen Missbrauchs geraten. (epd)