Richterbund: Sofortprogramm gegen sinkendes Vertrauen in Justiz
Der Deutsche Richterbund warnt: Das Vertrauen der Deutschen in den Rechtsstaat sinke, wenn die Justiz zu langsam arbeite. Nötig sei ein umfassendes Sofortprogramm für mehr Sicherheit.
Der Deutsche Richterbund (DRB) fordert als Konsequenz aus dem Anschlag von Solingen ein umfassendes Sofortprogramm für mehr Sicherheit. Ein Investitionspakt von Bund und Ländern für die innere Sicherheit sei angesichts der jüngsten Entwicklungen dringend notwendig, um “das in weiten Teilen der Bevölkerung offensichtlich erschütterte Vertrauen in den Rechtsstaat zurückzugewinnen”, erklärte der Verband am Sonntag in Berlin.
Die Justiz drohe bei der Kriminalitätsbekämpfung und Migrationssteuerung mehr denn je zum Flaschenhals zu werden, erklärte Geschäftsführer Sven Rebehn: “Es braucht jetzt einen großen Wurf für die Innere Sicherheit, mit dem es gelingt, Verfassungsschutz und Polizei, Staatsanwaltschaften und Strafgerichte, Migrationsbehörden und Verwaltungsgerichte rechtlich, personell und technisch so aufzustellen, dass sie das Sicherheitsversprechen des Staates umfassend erfüllen können.”
Die Staatsanwaltschaften haben laut Richterbund 2023 bundesweit die Rekordzahl von mehr als 5,5 Millionen neuen Fällen erreicht, etwa 350.000 mehr als im Vorjahr und rund 860.000 mehr als vor zehn Jahren. “Zum Jahresende 2023 haben die Strafverfolger bundesweit 923.000 offene Verfahren gemeldet, ein Viertel mehr als 2021”, betonte der Geschäftsführer. Der Verfahrensstau werde immer länger.
Gleichzeitig sinke die Anklagequote der Staatsanwaltschaften seit Jahren: Weniger als jedes 15. Verfahren habe 2023 zu einer Anklage geführt, während es 2013 noch jeder 10. Fall gewesen sei. In den Staatsanwaltschaften fehlten wegen der stark gewachsenen Aufgaben inzwischen rund 2.000 Ermittler, auch viele Strafgerichte klagten über Personallücken, Verfahrensstau und immer längere Prozesse.