Rheinischer Präses Latzel: Missbrauch vorbehaltlos aufarbeiten

Der Missbrauchsskandal beschäftigt die evangelische Kirche. In einem Interview äußert sich der rheinische Präses Latzel zur Aufarbeitung. Auf die Frage, wie viel sie die Kirchen kosten darf, antwortet er ausweichend.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, hat sich für eine schonungslose Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ausgesprochen. „Uns ist wichtig, dass wir vorbehaltlos aufarbeiten, dass wir das gemeinsam mit den Betroffenen machen und deren Perspektive einbeziehen“, sagte er im Interview des „Bonner Generalanzeigers“ (Mittwoch).

Die rheinische Kirche lässt laut Latzel alle ihr bekannten Fälle sexualisierter Gewalt von unabhängigen Strafrechtlern auf institutionelles Versagen überprüfen. Jede kirchliche Einrichtung müsse ein Schutzkonzept vorhalten, jeder und jede Mitarbeitende werde geschult. „Wir sensibilisieren in allen Einrichtungen dafür, dass sexualisierte Gewalt ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, das wir auch bei uns in unserer evangelischen Kirche haben.“

Ende Januar hatten unabhängige Forscher die erste bundesweite Missbrauchsstudie für evangelische Kirche und Diakonie vorgestellt. Sie stellten den Institutionen im Umgang mit Missbrauchsfällen ein schlechtes Zeugnis aus und gaben 46 Empfehlungen für Verbesserungen.

Latzel sagte, derzeit berate das Beteiligungsforum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), was angemessene Anerkennungsleistungen für betroffene Menschen sind. Ihm sei wichtig, dass es künftig bundesweit einheitliche Regeln gebe.

Auf die Frage, wie viel Missbrauchsaufarbeitung die Kirchen künftig kosten dürfe, antwortete der Präses: „Wir machen Aufarbeitung nicht nach Kassenlage. Sondern wir versuchen, dem Leid, das Menschen erfahren haben, zumindest in Ansätzen gerecht zu werden.“ Ihm sei bewusst, dass die Kirche das geschehene Unrecht niemals aufwiegen könne. Doch wenn es Fälle gebe, die wegen eines massiven institutionellen Versagens vor Gericht kämen, sei es wichtig, keine Verhinderungshaltung an den Tag zu legen.