Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, erinnert am Reformationstag an die Bedeutung des Wortes und des Hörens für evangelische Christen. „Als evangelische Kirche verstehen wir uns als Kirche des Wortes, oder genauer des Hörens. Wir sind eine Hör-Gemeinschaft“, sagte Latzel in seiner Predigt am Freitagabend im Willibrordi-Dom in Wesel zum Reformationstag am 31. Oktober. Der Glaube komme aus dem Hören, betonte er. Und wer hören wolle, müsse schweigen. „Gott begegnet uns in seinem Wort und in der Stille“, erklärte Latzel. „Das ist heilsam fremd in einer Zeit, in der wir permanent auf Bildschirme starren.“
Christen lebten aus der guten Botschaft, dass Gott mitten unter den Menschen gegenwärtig sei, sagte der Theologe laut Manuskript. Als Antwort auf die Frage nach Gott verwies er auf die Deutung des kirchlichen Reformators Martin Luther (1483-1546). „Gott, das heißt nach Martin Luther, jemanden zu haben, von dem du alles Gute erwarten kannst. Der dir beisteht, wenn alle anderen dich verlassen.“
Die wichtigste Unterscheidung sei die zwischen Schöpfer und Geschöpf, sagte Latzel. „Wir retten nicht die Welt, nicht unsere Seele, nicht unser Leben. Das alles ist Gottes Sache.“ Der Reformationstag erinnere an das Geschenk, von Gott einfach so geliebt zu sein: „Unbedingt. Wunderschön geschaffen. Frei. Und ich bin berufen, andere zu lieben. So, wie Christus es getan hat.“
Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren. Die vom damaligen Augustinermönch Martin Luther um den 31. Oktober 1517 von Wittenberg aus verbreiteten 95 Thesen gegen kirchliche Missstände wurden zum Ausgang einer christlichen Erneuerungsbewegung. Während der Gedenktag früher von Protestanten zur Abgrenzung gegenüber katholischen Christen genutzt wurde, wird er inzwischen im Geist der Ökumene gefeiert und als Gelegenheit zur evangelischen Selbstbesinnung verstanden.