Veränderung als Normalfall

Stärkere Einbringung von Jugendlichen, Öffnung für andere Milieus und Ausprobieren von Neuem: Die rheinische Kirche diskutiert über ihre Zukunft und sucht ihre Position zum Umgang mit Muslimen. Auch politische Themen beschäftigen die Landessynode

epd

Bad Neuenahr (epd). Nach dem Ende des Reformationsjubiläums hat der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, seine Kirche auf weitere Reformen eingestimmt. «Wir müssen eine veränderungsfähige Kirche werden, denn Veränderung ist der Normalfall», sagte er am Montag in Bad Neuenahr. Gottesdienste müssten klug weiterentwickelt und Milieuverengungen überwunden werden, Kirchen könnten auch gemeinsam mit Katholiken genutzt werden.

Nötig sei zudem Offenheit für Neues: «Wir brauchen Modelle und Experimentierfreude, denn niemand von uns hat Kopiervorlagen für die Kirche von morgen.» In seinem Jahresbericht vor der rheinischen Landessynode warb Rekowski für ein «Erprobungsgesetz», das die Realisierung alternativer Gemeindeformen wie Jugendkirchen erleichtern soll.

Landesjugendpfarrerin Simone Enthöfer hob den Erfolg kirchlicher Jugendarbeit hervor, bei der junge Leute aktiv eingebunden sind. Ein Fachkräftemangel drohe aber die Qualität kirchlicher Arbeit zu gefährden. Zur rheinischen Kirche mit ihren gut 2,5 Millionen Mitgliedern gehören 650.000 getaufte Kinder und Jugendliche, aber auch Konfessionslose und Angehörige anderer Religionen nehmen laut Enthöfer am kirchlichen Leben teil.

Junge Leute sollen künftig stärker einbezogen werden, dazu ist unter anderem eine Jugendsynode im Januar 2019 geplant. Der Landessynode wurde am Montag der vierte Jugendbericht vorgelegt.

Darin werden mehr Angebote zur Begegnung zwischen christlichen und muslimischen Jugendlichen gefordert. Außerdem wird vor einer digitalen Spaltung gewarnt. Zugangsbarrieren seien für Jugendliche mit Behinderungen, aus sozial schwachen Familien und mit Migrationshintergrund viel höher. Aus Angst, abgehängt zu werde, tappten viele Mädchen und Jungen in Verschuldungsfallen durch teure Handyverträge oder Apps.

Am Nachmittag wollte sich die Synode mit ihrem Schwerpunktthema befassen, einer theologischen Positionsbestimmung zum Umgang mit Muslimen. Präses Rekowski warb für einen ganzheitlichen Missionsbegriff, der den Respekt vor anderen Religionen einschließt.

Im politischen Teil seines Präsesberichts machte sich Rekowski für mehr sozialen Zusammenhalt und eine bessere Bekämpfung des Antisemitismus stark. Insbesondere Menschen aus dem unteren Drittel der Gesellschaft erlebten, dass sie im Hinblick auf die Entwicklung von Einkommen und Vermögen sowie bei den Aufstiegs- und Teilhabechancen ihrer Kinder immer mehr abgehängt würden. Weitere soziale Übel seien Kinder- und Altersarmut sowie Mieten, die einfache Lohnempfänger nicht bezahlen könnten.

In der Debatte über Antisemitismus forderte Rekowski spezielle Beauftragte bei der Bundesregierung und in den Ländern.

Antisemitische Einstellungen seien in der Bevölkerung nach wie vor tief verwurzelt, hinzu komme die Zuwanderung von Menschen, die mit einem Hass auf Israel aufgewachsen seien. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) nannte die Bekämpfung des Antisemitismus in einem Grußwort vor der Synode eine gemeinsame Aufgabe.