Religionssoziologe Pollack: Kirchliches Handeln beeinflusst kaum Austritte

Der Religionssoziologe Detlef Pollack sagt über die neueste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung: Einzelne Pfarrer und Pfarrerinnen könnten eine besondere Ausstrahlung entfalten und Menschen anziehen.

Der Religionssoziologe Detlef Pollack
Der Religionssoziologe Detlef PollackImago / epd-bild

Für den Rückgang der religiösen und kirchlichen Bindungen der Christen in Deutschland ist nach Erkenntnissen des Religionssoziologen Detlef Pollack das kirchliche Handeln wenig entscheidend. „Man sollte die Auswirkungen des kirchlichen Handelns nicht überschätzen“, sagte der Wissenschaftler der Universität Münster der Düsseldorfer Rheinischen Post. Wenn etwa in der katholischen Kirche der Zölibat abgeschafft oder die Frauenordination eingeführt werde, ändere das wenig. Das könne man an der evangelischen Kirche sehen, „die nicht besser dasteht als die katholische, und in der es weder einen Zölibat gibt noch den Ausschluss von Frauen von den ordinierten Ämtern“.

Die Abschwächung der Glaubens- und Kirchenbindungen habe viel damit zu tun, dass die Gesellschaft mannigfaltige attraktive Alternativen zu den kirchlich-religiösen Angeboten bereithalte und den Menschen diese Alternativen wichtiger seien als religiöse Fragen, sagte der Forscher. Außerdem wollten sich die Menschen nicht belehren lassen, sondern in allen Lebensfragen auf ihrer Autonomie bestehen – „auch bei Fragen nach dem Sinn des Lebens und der angemessenen Interpretation der Welt“.

Pollack: Bindungen an die Kirche wird wohl weiter zurückgehen

Das Verhalten einzelner kirchlicher Persönlichkeiten könne allerdings einen Unterschied machen, erläuterte Pollack. Zum Beispiel könnten einzelne Pfarrer und Pfarrerinnen eine besondere Ausstrahlung entfalten und Menschen anziehen: „Wie die Kirche mit den Menschen umgeht, wie offen sie für ihre Bedürfnisse und Interessen ist, bleibt relevant.“

Nach Pollacks Einschätzung werden die Bindungen an die Kirche wohl weiter zurückgehen. „Aber ich kann mir vorstellen, dass sich das Vertrauen in die Kirche wieder erhöht“, sagte er. „Und dies in dem Maße, wie die Menschen erkennen, dass die Missbrauchsfälle, so schlimm sie sind, nicht das Ganze der Kirche abbilden, sondern dass es daneben und trotz allem viel Gutes in der Kirche gibt.“

Auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war am Dienstag die sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD vorgestellt worden, erstmals auch mit Ergebnissen für katholische Kirchenmitglieder. Ein zentraler Befund ist, dass die Religiosität in der Gesellschaft insgesamt deutlich zurückgeht.