Nach Ansicht des emeritierten Professors für Religionspädagogik an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen, Albert Biesinger, ist die Frage nach dem Sinn des Lebens eine der tiefsten Fragen überhaupt. „Ich würde jedem Menschen raten, diese Frage für sich selbst zu beantworten und zwar früher, als ich es gemacht habe“, sagte der 75-Jährige dem Evangelischem Pressedienst (epd).
Ihn habe die Frage bereits umgetrieben, als sein Sohn ihn nach der Beerdigung seines Opas fragte, warum man überhaupt auf die Welt komme, wenn man doch wieder sterben müsse. Viele Jahrzehnte später habe er entschieden, diese Frage für sich selbst zu klären. Seine sehr persönlichen Antworten hat er nun in einem Buch veröffentlicht, das im Patmos-Verlag erschienen ist.
„Je mehr ich mich mit der Frage nicht nur theoretisch beschäftigte, desto mehr Situationen fielen mir ein, wo ich merkte, dass es doch gut war, dass ich auf dieser Welt war“, sagte er dem epd. Zum Beispiel, weil er dadurch seine Frau kennenlernte, „die erste und einzige große Liebe meines Lebens“. Oder weil er „Gott wie eine Energiewand“ spürte, als seine krebskranke Tochter im Koma lag und er Gott um Hilfe anflehte und dann erleben durfte, wie die Tochter zaghaft ihre Augen öffnete.
Vielleicht, so habe er überlegt, kam er auch auf die Welt, um mit Menschen Leid zu teilen: Zum Beispiel als er als Notfallseelsorger nach dem Winnender Amoklauf lange mit den Schülern sprach und abends selbst deshalb in Tränen ausbrach, „weil ich ja nicht weinen konnte, als die Schüler dabei waren.“
Da jeder Mensch seine ganz eigene Geschichte mit Gott und seine eigenen Erfahrungen hat, kann die Frage nach dem Sinn des Lebens auch nur ganz individuell beantwortet werden, ist Biesinger überzeugt. Der Religionspädagoge und Diakon möchte jedenfalls andere dazu anregen, „sich den Luxus zu gönnen und tiefer zu bohren“. Er selbst habe erlebt, dass die Beantwortung der Frage trotz manchem Schlimmen, was er erlebt habe, eine neue, dankbare Sicht auf das Leben gibt und helfe, das eigene Leben sinnvoll zu gestalten. (2274/24.09.2023)