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Religiöse Untertöne begleiten Anti-Regierungs-Proteste in Serbien

Seit Monaten gehen in Serbien Studierende gegen die Regierung auf die Straßen. Die setzt laut Kritikern nun auf eine neue Strategie: religiöse Spaltung.

Zehntausende Menschen gehen in Serbien, wie hier in Belgrad, auf die Straße
Zehntausende Menschen gehen in Serbien, wie hier in Belgrad, auf die StraßeImago / Nur-Photo

In Serbien werden die seit Monaten anhaltenden Studentenproteste erstmals von religiösen Untertönen begleitet. Demonstranten in der südserbischen Stadt Novi Pazar werfen den Regierenden vor, Aversionen gegen die dortige muslimische Bevölkerung zu schüren. Dies sei Teil der Strategie von Präsident Aleksandar Vucic, der von der aktuellen politischen Krise ablenken wolle.

Regierungsnahe Boulevardmedien bezeichneten die protestierenden ethnischen Bosniaken von Novi Pazar laut Zeitungen als Islamisten, Extremisten und Dschihadisten. Damit zielten sie auf eine Spaltung zwischen ethnischen Serben und Bosniaken. Mehrere Politikwissenschaftler widersprechen aber der Annahme, die Demonstranten könnten von religiösen Motiven geleitet sein. Staatsoberhaupt Vucic selbst sprach in einem Interview von “anti-serbischen” Kräften.

Serbien: Studenten organisieren Proteste

Die Studenten werfen den Verantwortlichen laut Radio Slobodna Evropa (Radio Free Europe) vor, ein Narrativ der “Vergangenheit” wiederzubeleben. Ziel sei, die tatsächlichen Umstände der jüngsten Proteste zu verschleiern. Dem Portal zufolge lösten Maskierte in der Nacht zum Montag gewaltsam eine Blockade der Staatlichen Universität Novi Pazar auf. Nach der Vertreibung der Studenten sei es zu Zusammenstößen mit der Polizei und Verhaftungen gekommen.

Seit acht Monaten blockieren Studenten in Serbien Fakultäten und organisieren immer wieder Massendemos. Als Auslöser gilt das Bahnhofsunglück von Novi Sad, bei dem im November 16 Menschen unter einem einstürzenden Vordach starben. Als Ursachen gelten Schlamperei und Korruption. Während die Regierungsgegner zunächst gegen Korruption und für Rechtsstaatlichkeit eintraten, fordern sie seit kurzem auch Neuwahlen. Laut Vucic werden die nächsten Parlamentswahlen frühestens 2026 abgehalten.