Regionalbischöfin Bahr warnt vor erstarkendem Antisemitismus

Die hannoversche Regionalbischöfin Petra Bahr hat vor erstarkendem Antisemitismus in Deutschland auch durch Zuwanderer gewarnt. „Wir haben den Antisemitismus in der eigenen Gesellschaft einschließlich der Menschen mit Migrationsgeschichte nicht ernst genug genommen“, sagte die Theologin der „Nordwest-Zeitung“ (Sonnabend). Ein Kind, das in Syrien aufgewachsen ist, sei die ganze Zeit „mit anti-israelischen, anti-zionistischen und anti-judaistischen Erzählungen und Mythen konfrontiert“ worden. „Das nicht bearbeitet zu haben, ist ein Integrationsversagen“, betonte Bahr. „Daher müssen wir so früh wie möglich aufklären, dürfen die Schulen damit aber nicht alleinlassen“.

Allerdings gehe es keineswegs nur um einen „eingewanderten Antisemitismus“. Auf antisemitische Gerüchte und Stereotypen treffe man nicht nur in rechtsradikalen Szenen, sondern auch in bürgerlichen Wohnzimmern. Bahr sagte, sie glaube, vielen Menschen in Deutschland gehe es nicht gut. „Sie spüren seit Jahren den enorm hohen Veränderungsdruck. Die Pandemie hat viele Lebenskonzepte noch einmal infrage gestellt. Und wer Zukunftsängste hat und beunruhigt ist, entwickelt manchmal auch Ressentiments“, sagte die Regionalbischöfin.

Zugleich kritisierte sie eine verbreitete „Konsumhaltung gegenüber der Demokratie“. Viele Menschen meinten, wenn sie ihr Kreuzchen auf dem Wahlzettel gemacht hätten, müssten „die da oben dafür sorgen, dass das Leben gelingt und man unbehelligt bleibt von allem Unbehagen in der Welt“. Das könne nicht funktionieren, „weil eine demokratische Gesellschaft eine ist, in der Menschen selbst ebenfalls Verantwortung übernehmen – für sich und vor allem für andere“.