Reformierte Kirche kämpft mit wachsendem Mitgliederverlust

Weniger Mitglieder, weniger Kirchensteuereinnahmen, mehr Kosten und Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung: Die Evangelisch-reformierte Kirche steht vor großen Herausforderungen.

Und tschüss! Immer mehr Menschen gehen zum Amt und treten aus der Kirche aus
Und tschüss! Immer mehr Menschen gehen zum Amt und treten aus der Kirche ausFriedrich Stark / epd

Emden. Die Evangelisch-reformierte Kirche steht angesichts steigender Kosten, sinkender Einnahmen und fortschreitender Mitgliederverluste vor massiven Problemen. In den vergangenen Jahrzehnten sei die Zahl der Kirchenmitglieder kontinuierlich zurückgegangen, bilanzierte der Vizepräsident der Kirche, Helge Johr, zu Beginn der zweitägigen Gesamtsynode der Reformierten in Emden. Diese Entwicklung habe sich in jüngster Zeit verstärkt. Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden sagte, wie viele andere Kirchen und Institutionen stünden die Reformierten vielleicht vor den größten Herausforderungen seit Ende des Zweiten Weltkrieges, die aber auch Anstoß für den Aufbruch in eine sich ändernde Lebenswelt sein könnten.

Die Kirchenpräsidentin sieht teils existenzielle Herausforderungen für die Gemeinden. An manchen Orten gehe es darum, das reformierte Bekenntnis zu erhalten. Das könne nur in der Gemeinschaft gelingen. Mit Blick auf die Diskussion über die Fusion evangelischer Landeskirchen betonte Jakobus Baumann, stellvertretender Präses der Synode, am Rande der Sitzung, die Reformierten wollten selbstständig bleiben, „und zwar dauerhaft“.

Zwischen Allgäu und Ostfriesland

Johr verdeutlichte, bis einschließlich 2013 habe es jährlich unter 900 Kirchenaustritte gegeben. Diese Zahl habe sich bis 2021 auf knapp 1.800 etwa verdoppelt. „Die bisherigen Zahlen für 2022 lassen vermuten, dass im Jahr 2022 die Kirchenaustritte nochmals ansteigen und die Zahl von 2.000 überschritten wird. Bis Anfang November hatten wir bereits über 1.800 Austritte.“ Zur Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer gehören eigenen Angaben zufolge rund 162.500 Mitglieder in 143 Gemeinden zwischen Ostfriesland und dem Allgäu.


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Die strukturelle Krise der Kirche im Zusammenspiel von Mitgliederverlusten, Personalmangel und Rückgängen in den finanziellen Ressourcen habe sich verstärkt, fasste Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden zusammen. Als weitere Herausforderungen nannte sie den Fachkräftemangel sowie Klimaschutz und Bauunterhaltung. Es zeige sich, dass die energetische Ertüchtigung der Gebäude, insbesondere der Kirchen, schwierig sei. Aufgaben und Ressourcen müssten gebündelt und neu strukturiert werden: „Ziel aller dieser Bemühungen muss es sein, lebensfähige Gemeinden zu erhalten und zu schaffen.“ Vizepräsident Johr bekräftigte am Rande der Synode: „Wir müssen in der inhaltlichen Arbeit über Prioritäten reden.“

Bis zur Herbstsynode 2023 sollen Gesetzentwürfe zu strukturellen Reformen erarbeitet werden. Dabei gehe es unter anderem um mehr Zusammenarbeit von Gemeinden, die Stärkung multiprofessioneller Teams und neben dem grundständigen Theologiestudium um Chancen für den Quereinstieg in das Pfarramt, hieß es.

Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden
Kirchenpräsidentin Susanne Bei der WiedenTim Wegner / epd

Die mehr als 50 Delegierten des Kirchenparlaments tagen bis Freitag in der Emder Johannes-a-Lasco-Bibliothek. Auf der Tagesordnung stehen neben Berichten vor allem der Haushalt für das kommende Jahr mit einem Volumen von 49 Millionen Euro, der Klimaschutz sowie die Planung einer Taufkampagne. (epd)