In den Alltag der Eiszeitmenschen vor 40.000 Jahren führt der „Fund des Jahres“ des Urgeschichtlichen Museums (urmu) Blaubeuren. Der Archäologe Nicholas Conard präsentierte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Museum einen großen Meißel, gefertigt aus dem Stoßzahn eines Mammuts. Dieser Faustkeil mit einem Umfang von über 10 Zentimetern und fast 25 Zentimetern Länge sei das größte und älteste von Menschen hergestellte Werkzeug dieser Art, sagte Conard, Professor an der Universität Tübingen und Wissenschaftlicher Direktor des Urgeschichtlichen Museums.
Deshalb gebe es zu diesem „weltweit einmaligen“ Fund, der im vorigen Jahr in der Höhle Hohle Fels auf der Schwäbischen Alb gefunden worden sei, kein Vergleichsstück. Der Fund zeige die vielfältige Nutzung von Mammutelfenbein durch Menschen in der Eiszeit. Sie schufen daraus Musikinstrumente wie Flöten, Kultfiguren und effiziente Werkzeuge.
Die Elfenbeinexpertin Sibylle Wolf vom Senckenberg Zentrum der Universität Tübingen verwies auf die sorgfältige Bearbeitung, sichtbar etwa an der Politur der Oberfläche. Diese lasse darauf schließen, dass die Eiszeitmenschen den Meißel bereits vorher in einer anderen Funktion genutzt hätten. Der spitze und glatt gearbeitete Keil könnte ursprünglich als eine Lanzenspitze für die Jagd gedient haben. Die Menschen dieser Epoche hätten die mit hohem Aufwand produzierten Gegenstände immer wieder recycelt.
Professor Conard wünscht sich, dass die Archäologie die Bearbeitung von Elfenbein und den handwerklichen Umgang mit Material in der Eiszeit noch viel genauer erforscht. Laut Sibylle Wolf gibt es in der Hohle Fels-Höhle noch viele Exponate, die auf die große Bedeutung des Materials Elfenbein für die Eiszeitmenschen schließen lassen.
Der „Fund des Jahres“ wird im Urgeschichtlichen Museum bis zum 9. November ausgestellt, so die urmu-Direktorin Stefanie Kölbl. Der Meißel ergänze die „Präsentation des Anbeginns menschlichen Kulturschaffens“ des Museums. Das urmu ist Schwerpunktmuseum für altsteinzeitliche Kultur in Baden-Württemberg. Ein Höhepunkt ist die rund 40.000 Jahre alte „Venus von Hohle Fels“, die als älteste figürliche Darstellung in der Menschheitsgeschichte gilt. Professor Conard und sein Team erforschen die UNESCO-Weltkulturerbe-Höhle Hohle Fels bei Ulm bereits seit 1997. (1903/31.07.2025)