Zur Unterstützung der Missbrauchsbetroffenen Melanie F. in weiteren juristischen Schritten hat die Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ einen Rechtshilfefonds aufgelegt. F., die vom Erzbistum Köln ein Schmerzensgeld in Höhe von über 800.000 Euro fordert, geht nach abgewiesener Klage vor dem Landgericht Köln in Berufung, wie der Eckige Tisch am Dienst in Berlin mitteilte. In den Hilfsfonds zur Finanzierung des Berufungsverfahrens könnten nun Spendengelder eingezahlt werden.
Der ehemalige und zu einer mehrjährigen Haftsrafe verurteilte Priester Hans Ue. hatte die damals minderjährige Pflegetochter über Jahre missbraucht. Dies hatte unter anderem für das Mädchen zwei erzwungene Abtreibungen zur Folge. Am 1. Juli hatte das Landgericht Köln die Klage der heute Erwachsenen gegen das Erzbistum als früherer Arbeitgeber des Priesters auf Schmerzensgeld abgewiesen.
Die Entscheidung von Melanie F., in Berufung zu gehen, sei eine gute Nachricht für alle Betroffenen, erklärte die Betroffeneninitiative. Denn die Frage, wie weit die sogenannte Amtshaftung der Kirche reicht, dürfte in zahlreichen Verfahren zu Missbrauch durch Kleriker eine Rolle spielen und dürte nun erstmals von einem Oberlandesgericht behandelt werden.
Der Eckige Tisch verwies auf die hohen Kosten eines Berufungsverfahrens. Bereits das erste verlorene Verfahren habe über 30.000 Euro Gerichtskosten verursacht. Um zu verhindern, dass Betroffene aus finanziellen Gründen auf ihr Recht verzichten müssen, würden nun gezielt Spenden für dieses Gerichtsverfahren über den neu geschaffenen Rechtshilfefonds gesammelt. Bereits innerhalb weniger Tage seien über 10.000 Euro gespendet worden.
Das Urteil des Landgerichts Köln berücksichtigt aus Sicht des Eckigen Tischs nicht die systemischen Bedingungen, unter denen der Missbrauch stattfand. Die Taten seien im Pfarrhaus, unter den Augen kirchlicher Vorgesetzter geschehen, durch einen Mann, der ohne sein Priesteramt als 28-jähriger unverheirateter Mann, ohne abgeschlossene Berufsausbildung und unsichere Einkommensverhältnisse niemals die Erlaubnis vom Jugendamt erhalten hätte, eine Pflegetochter aufzunehmen.
Das Landgericht Köln hatte am 1. Juli die Schmerzensgeld-Klage von Melanie F. gegen das Erzbistum Köln wegen sexuellen Missbrauchs abgewiesen. Die Ansprüche der früheren Pflegetochter eines bereits verurteilten Priesters seien unbegründet, urteilte das Gericht. (AZ: 5 O 220/23) Es bestünden keine Amtshaftungsansprüche und auch keine Haftung des Erzbistums Köln wegen unterlassener Sorgfalts- und Fürsorgepflichten. Das Gericht ordnet die Missbrauchstaten des früheren Priesters in dessen Privatbereich ein. Der erforderliche Zusammenhang zwischen den Missbrauchstaten und dem kirchlichen Amt des Täters sei nicht gegeben. Die Sorge für ein Pflegekind sei dem damaligen Priester durch einen staatlichen Akt ermöglicht worden.