Vor Gericht stritten der RBB und Patricia Schlesinger ums Geld. Nach der Urteilsverkündung zeigte sich der RBB nun positiv überrascht von der Entscheidung. Doch viele Fragen bleiben offen.
Nach dem überraschenden Urteil des Landgerichts Berlin im Prozess zwischen dem RBB und dessen Ex-Intendantin Patricia Schlesinger zeigten die Verantwortlichen des Senders sich über die Entscheidung erfreut: “Wir hatten eigentlich mit einer Niederlage gerechnet”, sagte RBB-Justiziarin Kerstin Skiba der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch nach der Urteilsverkündung in Berlin. Auch der RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Wolfgang Krüger war erleichtert: “Dass wir beim Ruhegeld keine guten Karten hatten, war uns nach dem ersten Verhandlungstermin im Januar klar.” Nun könne beim Ruhegeldanspruch aber “gegengerechnet werden, was dem RBB an Schaden entstanden ist”. Daher habe ihn “das Urteil in der Deutlichkeit positiv überrascht”, so Krüger zur KNA.
Die Richter entschieden, dass der RBB Schlesinger zwar das mit ihr vertraglich vereinbarte monatliche Ruhegeld in Höhe von knapp 18.400 Euro zahlen muss. Dies gilt aber zunächst nur für den Januar 2023. Schlesinger war Ende 2022 von der ARD-Anstalt wegen Vorwürfen der Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme entlassen worden. Außerdem muss Schlesinger ihrerseits dem RBB Schadensersatz leisten. Dabei geht es um falsch abgerechnete Reisekosten sowie unzulässige Gehaltszulagen für leitende Mitarbeiter.
Der Vorsitzende Richter Klaus Markfort sagte, es handele sich hier aber um “keine Vorabentscheidung, wie es mit dem Ruhegeld darüber hinaus weitergeht”. Ob die 64-Jährige einen Anspruch auf die ihr vertraglich bis zum Lebensende zustehenden Zahlungen hat, muss jetzt in einem weiteren Prozess geklärt werden. Denn Schlesingers Anwälte hatten im jetzt entschiedenen Verfahren nur die Ruhegeld-Ansprüche für den Januar 2023 eingeklagt. Zudem hat das Gericht festgestellt, dass der RBB Schadensersatzansprüche gegen seine ehemalige Intendantin in Höhe von rund 24.000 Euro wegen falsch abgerechneter Nutzung eines Dienstwagens und von Reisekosten hat. Damit habe Schlesinger eine Pflichtverletzung begangen, so Markfort nach der Verkündung des Urteils.
Noch wichtiger für den RBB ist aber das im Richterspruch enthaltene sogenannte Grundurteil, nach dem der RBB Schadensersatzansprüche für die von Schlesinger als Intendantin abgesegneten Sonderzahlungen geltend machen kann. Hierbei geht es einmal um ein umstrittenes Bonus-System, nach dem Mitglieder der RBB-Geschäftsleitung während der gesamten Amtszeit von Schlesinger seit 2016 eine variable Vergütung erhielten. Dazu kommen Gehaltszulagen, die der RBB bestimmten Beschäftigten während des ARD-Vorsitzes der Anstalt im Jahr 2022 zahlte. Die genaue Höhe des von Schlesinger zu leistenden Schadensersatzes wird zu einem späteren Termin von der Kammer ermittelt. Dabei belaufen sich allein die vom RBB angemeldeten Ansprüche aus den Bonus-Zahlungen nach Gerichtsangaben auf rund 1,7 Millionen Euro, dazu kommen noch 88.000 Euro aus den ARD-Zulagen.
Ein weiterer Streitpunkt wurde vom Verfahren abgetrennt: Ob Schlesinger auch für Kosten im Zusammenhang mit dem unter ihrer Führung geplanten digitalen Medienhaus haftet, muss jetzt in einem neuen Prozess geklärt werden. Dabei geht es “um Forderungen des RBB in Höhe von insgesamt 13,6 Millionen Euro, die durch das gescheiterte Projekt ‘Digitales Medienhaus’ entstanden sind”, sagte der RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Krüger am Rande des Verfahrens.
Das Gericht habe sich zur Abtrennung des Verfahrens entschieden, weil der RBB erst vor einem Monat den nach seiner Sicht entstandenen Schaden beziffert hatte. Laut Gerichtssprecherin Paula Riester wurde “dieser Sachverhalt abgetrennt, damit in den anderen Angelegenheiten entschieden werden konnte”. Nun werde hierzu ein neues Verfahren eingeleitet, “die Beteiligten können auch nochmal miteinander sprechen”, sagte Riester. Das Gericht hatte bereits zu Beginn des Prozesses einen Vergleich zwischen den beiden Parteien angeregt und auch eine Mediation angeboten, um einen langen und kostspieligen Verfahrensweg zu vermeiden. Doch der Versuch scheiterte, nach RBB-Angaben hätten die Vorstellungen des Senders und seiner ehemaligen Intendantin weit auseinander gelegen.
Schlesinger, die wie ihre Anwälte nicht zur Urteilsverkündung erschienen war, kann gegen das Urteil Berufung beim Kammergericht Berlin einlegen. Parallel zum zivilrechtlichen Verfahren des Landgerichts laufen weiterhin strafrechtliche Ermittlungen gegen sie, ihren Ehemann und den früheren RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden, Wolf-Dieter Wolf. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Berlin sind diese weiterhin nicht abgeschlossen. Es gilt die Unschuldsvermutung.