RBB legt Verfassungsbeschwerde gegen eigenen Staatvertrag ein

Knapp ein Jahr nach Inkrafttreten will der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) in Karlsruhe gegen den neuen RBB-Staatsvertrag vorgehen. Zahlreiche der Neuregelungen würden die Rundfunkfreiheit einschränken, so der Sender.

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) geht jetzt doch gegen den neuen RBB-Staatsvertrag vor, der im Dezember 2023 in Kraft trat. Wie die ARD-Anstalt am Freitagabend mitteilte, wird Intendantin Ulrike Demmer in der kommenden Woche eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen.

Der Sender sieht durch Vorgaben des Staatsvertrags seine Rundfunkfreiheit eingeschränkt. Kritisiert wird beispielsweise die neue verpflichtende 60-minütige Auseinanderschaltung des Fernsehprogramms für gesonderte Informationsprogramme für Berlin und Brandenburg. Gleiches gelte für die Regelungen zur Einsetzung von so genannten “Leitungen der Landesangebote” Berlin und Brandenburg, so der RBB.

Auch die Bestimmung, wo und in welcher Anzahl Regionalbüros und -studios in Brandenburg einzurichten sind, verletzte die in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschriebene Rundfunkfreiheit, erklärte der RBB. Der Staatsvertrag hatte dem RBB auferlegt, neben den bestehenden Studios in Cottbus und Frankfurt/Oder sowie den Regionalbüros in Prenzlau und Perleberg mindestens ein weiteres Regionalbüro in Brandenburg an der Havel zu betreiben.

Probleme sieht der RBB außerdem bei den neuen Regelungen zur Geschäftsleitung des Senders, die als Direktorium agieren soll. Auch die Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung aller zu besetzenden Stellen sowie die neu in den Staatsvertrag aufgenommenen Bestimmungen zur Haftung von Aufsichtsgremien und Intendantin weist der Sender zurück.

“Der Gesetzgeber hat in die Neuregelung Bestimmungen aufgenommen, die weder als Konsequenz aus den Ereignissen des Jahres 2022 im RBB gerechtfertigt werden können, noch mit dem Ziel der nachhaltigen Neuaufstellung des Senders”, erklärte der RBB am Freitagabend. 2022 wurden beim RBB zahlreiche Compliance-Verstöße der RBB-Führung bekannt und die damalige Intendantin Patricia Schlesinger abberufen.

RBB-Intendantin Ulrike Demmer sagte, die Verfassungsbeschwerde sei kein Selbstzweck, sondern angesichts der zahlreichen Eingriffe in die Rundfunkfreiheit im Staatsvertrag unausweichlich. “Wir haben den Weg vor das Bundesverfassungsgericht fast ein Jahr lang gewissenhaft geprüft”, so Demmer. Die Frage sei nicht, ob der RBB die einzelnen Regelungen umsetzen könne, “sondern ob die jetzt angegriffenen Vorschriften verfassungskonform sind. Sind sie es nicht, dürfen sie nicht Grundlage unserer Arbeit sein”, so die Intendantin.

Als Bevollmächtigter des Senders soll der Verfassungsrechtler Joachim Wieland, früher Professor und Rektor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, die RBB-Klage in Karlsruhe vertreten. Wieland ist seit 2006 auch Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Nodrhein-Westfalen.