Rauminstallation von Elke Maier im Bamberger Heinrichsdom

Zum 1.000 Todestag von Kaiser Heinrich II. will die Künstlerin Elke Maier den Bamberger Dom völlig neu erfahrbar machen. Dabei setzt sie auf Fäden, die die Grablege des heiligen Bistumsgründer umspielen.

Wer in diesen Tagen den Bamberger Dom betritt, kann Elke Maier in Aktion erleben. Bis zum diözesanen Heinrichsfest Mitte Juli ist die in Bayern geborene und inzwischen in Kärnten lebende Künstlerin dabei, von acht Uhr morgens bis 18 Uhr abends die Kathedrale mit einer Rauminstallation zu verwandeln. Dafür spannt sie tausende feinster Fäden vom Gewölbe herab zum Grab von Kaiser Heinrich II. – im kontinuierlichen Dialog mit dem Kirchenraum und dem darin wandernden Licht.

“Spirituell aufgeladen” nennt Birgit Kastner, Kulturchefin des Erzbistums Bamberg, dieses Gespräch: “Ist Gott hier oder nicht hier? Was ist Wirklichkeit?”, wirft sie als jene Fragen in den Raum, die den Entstehungsprozess begleiten. Es ist nicht das erste Mal, dass Maier ein Gotteshaus in dieser Weise verändert. Auch im Wiener Stephansdom, in der Salzburger Kollegienkirche oder in der Moritzkirche in Augsburg hat sie mittels Fäden eine ganz besondere Atmosphäre geschaffen.

Diese spektakuläre Kunstinstallation soll kein heiliges Theater sein. Aber eine Reminiszenz an einen Vergangenen, der auch in Zukunft Bamberg bewegt: Anlässlich des Gedächtnisjahres zum 1.000. Todestag von Kaiser Heinrich II. (13. Juli 1024) rückt Maier die Grablege des heiligen Kaiserpaares Heinrich und Kunigunde in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Sie schafft um diesen Ort des Gedenkens an die Bistumsgründer und Stifter des Domes einen transparenten Raum. Zugleich soll dieser innerhalb der architektonischen Grenzen des Gebäudes Momente der Ewigkeit schaffen. “Ohne punktuelle Intervention, sondern durch eine Sensibilisierung der Augen”, betont die Künstlerin.

Was so geheimnisvoll klingt, erschließt sich dem Betrachter des entstehenden Kunstwerks auf faszinierende Weise durchaus. Unzählige hauchdünne Fäden aus weißem Nähgarn spannen sich vom Gewölbe wie ein Fächer um das Hochgrab. Faden für Faden lässt Maier durch die Öffnungen von oben in den Ostchor des Domes herab, um dann einen nach dem anderen einzeln in höchster Präzision im Kirchenschiff in Richtung Kaisergrab zu spannen, zu justieren und zu positionieren. Dafür muss sie immer wieder die Treppe durch den Glockenturm zum Gewölbe hinauf und wieder hinab steigen.

Befestigt werden die Fäden – am Ende werden es fast 60.000 Meter Nähseide sein – auf Gesimsen der Apsis-Fenster sowie am Geländer zwischen und seitlich der Chortreppe. Die scheinbar schwebenden Fadenflächen bewirken ein einzigartiges auratisches Wechselspiel zwischen Licht, Raum und Materie. Je nach Lichteinfall oszillieren sie im ständigen Übergang von sichtbarer zu unsichtbarer Anwesenheit.

“Durch das Wandern und Wechseln des Lichts sind im Tageslauf immer wieder andere Partien der Installation erleuchtet oder unsichtbar”, erklärt die Künstlerin. Auch durch die eigene Bewegung des Betrachters, den Perspektivwechsel, könne das eben noch Gesehene im Dämmerlicht verschwinden.

Was ist und was gilt es zu erkennen? Maier beobachtet den wandernden Lichteinfall genau. Für sie werde damit Transzendenz transparent, die das Ästhetische weit übersteige. Obendrein sei bei aller ähnlichen Erfahrung aus anderen Gotteshäusern diese Installation in der Bamberger Kathedrale einzigartig. “Das Kunstwerk entsteht nur für unseren Dom”, sagt Ordinariatsrätin Kastner. Sie war es auch, die das Metropolitankapitel für diese Kunstinstallation begeistern konnte. Die Domherren sind mit der Hauptabteilung Kunst und Kultur die Auftraggeber des Projekts.

Die Vernissage ist zu Beginn des Heinrichsfestes am 10. Juli um 18 Uhr in Anwesenheit der Künstlerin im Dom vorgesehen. Danach ist die Rauminstallation, die den Titel “Memoria. Im Licht” trägt, bis 29. September zu sehen. Anschließend wird Maier ihr Werk geordnet wieder abbauen: “Ich entsorge die Fäden nicht, sie sind im Bamberger Dom besondere geworden und werden deshalb von mir archiviert”, lächelt die Künstlerin.