Rassistische Parolen und Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern

Neben dem Angriff auf zwei Mädchen aus Ghana am Freitagabend in Grevesmühlen (Landkreis Nordwestmecklenburg) haben sich am Wochenende in Mecklenburg-Vorpommern weitere rassistische Vorfälle ereignet. In mehreren Fällen riefen Menschen dabei die Parole „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus.“

Die beiden Mädchen (acht und zehn Jahre alt) wurden von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen. Sie waren am Freitag gegen 19.30 Uhr am Ploggenseering unterwegs, als sie auf etwa 20 Heranwachsende trafen, wie die Polizei berichtete. Dem jüngeren Mädchen sei unter anderem ins Gesicht getreten worden. Auch ihr Vater sei leicht verletzt worden.

Die Landesintegrationsbeauftragte in Mecklenburg-Vorpommern, Jana Michael, nannte den Angriff eine „abscheuliche und schockierende Tat“. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) schrieb auf dem Kurznachrichten-Portal X (vormals Twitter): „Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass & Hetze unsere Gesellschaft vergiften und Gewalt unsere Kinder bedroht.“ Die Tat müsse rasch Konsequenzen nach sich ziehen.

Am Oberbach in Neubrandenburg spielte eine Gruppe von bis zu 15 Menschen am Freitagnachmittag das Lied „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino und textete es rechtsradikal um. Statt des ursprünglichen Refrains sang sie laut Polizei lautstark „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus!“. Einige hätten zudem „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ gerufen.

Auch bei einem Sommerfest am See in Penkun (Landkreis Vorpommern-Greifswald) sollen Feiernde in der Nacht zu Sonnabend – nach einem Public Viewing des Fußball-EM-Auftaktspiels – das Lied entsprechend umgetextet haben. Zudem hätten mehrere Menschen, darunter ein 15-jähriges Mädchen, am Bahnhof Rostock-Warnemünde in derselben Nacht und ebenfalls nach einem Public Viewing „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ gebrüllt.

Als Polizisten die Identität der 15-Jährigen feststellen wollten, sei deren Vater aggressiv geworden. Die Beamten seien schließlich von mehreren Menschen angegriffen worden. Diese hätten etwa versucht, einem Polizisten die Schusswaffe aus dem Holster zu reißen.

Bei dem Sommerfest in Penkun sei in derselben Nacht ein 24-jähriger Deutscher mit südländischem Aussehen von sechs bis sieben Personen angegriffen und im Gesicht verletzt worden. Ein Zusammenhang zwischen Parolen und Angriff könne nicht ausgeschlossen werden, teilte die Polizei mit.

In Schwerin sollen sich am Sonnabend gegen 16.30 Uhr rund 20 Männer mit nackten Oberkörpern auf der Schlossbrücke in der Lennestraße aufgestellt und gemeinsam den sogenannten „Hitlergruß“ gezeigt haben. Eine weibliche Person soll davon Aufnahmen gemacht haben.

Der Leiter des Demokratiezentrums Westmecklenburg, Daniel Trepsdorf, teilte nach dem Angriff in Grevesmühlen mit, er sehe „Kontinuitätslinien“ in der Region. Die soziale Atmosphäre sei dort „vielerorts vergiftet und auch verbal mit Gewaltattitüden aufgeladen“, befand er. „Das langsam Oberhand gewinnende gesellschaftliche Narrativ lautet, dass man sich vor ‘Überfremdung’ schützen müsse und dass das Thema Zuwanderung, Flucht und Asyl für die seit Jahren andauernde ökonomische Misere der Region verantwortlich zu machen ist.“ Aktuell ernte der organisierte Rechtsextremismus seine politischen Früchte.

Das Liebeslied von Gigi D’Agostino war in den vergangenen Wochen vermehrt für rechtsradikale Parolen missbraucht worden. Für bundesweites Aufsehen hatte ein Party-Video gesorgt, das an Pfingsten in einer Kampener Bar auf Sylt (Schleswig-Holstein) aufgenommen worden war. Es zeigt junge Erwachsene, wie sie rassistische Texte zur Melodie des Party-Hits singen. Ein Mann zeigt den sogenannten „Hitlergruß“.