Rassismus – für Geflüchtete leider nichts Besonderes

Im vergangenen Jahr ist die Flüchtlingskirche fünf Jahre alt geworden.

Im vergangenen Jahr ist die Flüchtlingskirche fünf Jahre alt geworden. Sie versteht sich als Brücke zwischen Alteingesessenen und Neuangekommenen. Im Rahmen der Flüchtlingskirche, die vom Diakonischen?Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO) getragen wird, werden Menschen beim Ankommen in Deutschland unterstützt und begleitet. Darüber hinaus betreibt die Flüchtlingskirche Aufklärungsarbeit und gibt geflüchteten Menschen und ihren Sorgen eine Stimme. Anlässlich des fünften Geburtstags wird es dafür künftig auch in „die Kirche“ regelmäßig Platz geben. Ein wichtiges Thema, dass die dort Engagierten umtreibt, ist der alltägliche Rassismus gegenüber Geflüchteten. Eindrücke und Perspektiven

Von Juni Hoppe

Für viele Christ*innen in der EKBO ist Rassismus ein Thema, das erst mit den Schlagzeilen um die Tötung von George Floyd im Mai 2020 ins Zentrum einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion gerückt ist. Wurde Rassismus bis dahin doch vor allem fernab der eigenen Lebensrealität mit rechtsextremen Skinheads assoziiert. Fragen wir geflüchtete Personen zum Thema Rassismus, folgt stets ein Zögern, eine kurze Stille. Dann oft die Rückfrage: „Ja, was soll ich dazu sagen?“ Rassistische Angriffe und rassistisch motivierte Benachteiligung gehören zu ihrem Alltag. 

Unsichere Lage von Geflüchteten begünstigt Rassismus

Für Menschen mit Fluchterfahrung gibt es in Europa keinen gleich berechtigten Zugang zu Aus- und Fortbildung, zum Arbeits- und Wohnungsmarkt, zum Gesundheitssystem. Wo es keinen gleichberechtigten Zugang gibt, stehen die Türen für ausgrenzende und rassistische Handlungen offen. Ein Besuch beim Arzt oder der Ärztin kann vom Urteil fachfremder Sachbearbeiter*­innen abhängen, der Schul- und Arbeitsmarktzugang durch die Art der vorgeschriebenen Unterkunft erschwert oder verwehrt werden. 

Unsichere Perspektiven aufgrund eines selektiven Asyl- und Aufenthaltsrechts erschweren die Zukunftsplanung. Geflüchtete , die ein Ausbildungsverhältnis beginnen, sind dadurch nicht vor der Abschiebung gewahrt. Das schreckt Betriebe davon ab, sie einzustellen.

Benachteiligungen dieser Art können für Geflüchtete retraumatisierend wirken. War es doch gerade Furcht vor Verfolgung „aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ (Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention), die sie als „Flüchtling“ definierte. Im neuen Land angekommen, werden sie als Geflu?chtete zu oft pauschal verantwortlich fu?r hiesige soziale und politische Defizite gemacht. 

Die Wirkmächtigkeit von Rassismus, auch in staatlichen und kirchlichen Institutionen, darf nicht übersehen werden. Gesetzliche Rahmenbedingungen, die – gerade in Bezug auf Geflüchtete – Rassismus begünstigen, müssen verändert werden. Rassismus zersetzt das Zusammen­leben in einer Gesellschaft gleich­berechtigter Menschen. Christ*­innen, die Menschen als Ebenbild Gottes begreifen, tragen die Verantwortung, eine antirassistische Haltung und Praxis aufzubauen, zu entfalten und zu implementieren.

Partizipations- und Teilhabechancen für Geflüchtete auszuweiten ist einer der Schwerpunkte der Arbeit im Bereich Flucht, Migration und Integration in der EKBO. Die Weiterentwicklung von Kirche für und mit Geflüchteten ist ein zentrales Element gerade auch im Kampf gegen Rassismus. Es geht darum, das inklusive Potenzial der EKBO zu stärken. Rassismus geht jede*n etwas an.

Juni Hoppe ist?Vikarin in der Apostel-Paulus-Gemeinde in Berlin-Schöneberg und engagiert sich in der Flüchtlingskirche.