Psychologin fordert Gewaltschutztraining für Rettungskräfte

Sie wollen helfen – und werden dabei zur Zielscheibe. Notfallsanitäter oder Feuerwehrleute kämpfen häufig mit den psychischen Folgen von Gewaltattacken. Eine Expertin fordert Unterstützung.

Verbale Übergriffe auf Rettungskräfte sind nach Beobachtung einer Psychologin genauso belastend wie körperliche. Hilfreich sein könne ein Gewaltschutztraining für diese Berufsgruppen, sagte Anne Herr der Zeitschrift “Psychologie Heute” (August-Ausgabe). “Dabei lernt man zum Beispiel, riskante Situationen zu erkennen, zu deeskalieren und Handgriffe, mit denen man sich notfalls befreien kann.” Wichtig seien zudem Rückendeckung von Vorgesetzten, ein offener Umgang mit dem Thema – “und null Toleranz gegenüber Gewalt”.

Bei Betroffenen nagten Übergriffe oftmals am Selbstverständnis, mahnte Herr, die beim NRW-Gewaltschutznetzwerk arbeitet. Manche litten in der Folge unter Schlafstörungen, Reizbarkeit oder dem Gefühl, “nur noch als äußere Hülle ihren Dienst zu tun”. Sinnvoll sei, sich bewusst zu machen, dass man mit dem Anlegen der Uniform eine bestimmte Rolle annehme – und dass Angriffe sich gegen die Rolle richteten. Diese Rolle könne man mit Hilfe eines Rituals wieder verlassen, etwa mit einem Feierabendspaziergang.

Angriffe auf Rettungskräfte sorgen in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen. Nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hat seit dem Jahr 2020 vor allem die verbale Gewalt stark zugenommen. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen meldeten im Jahr 2022 mehr als 14.000 meldepflichtige gewaltbedingte Unfälle bei der Arbeit oder bei ehrenamtlicher Tätigkeit. Beschäftigte aus allen Branchen seien betroffen gewesen.

Die Vorfälle werden laut Psychologin Herr nicht zentral erfasst. Wahrscheinlich würden heute mehr Taten angezeigt als früher, “wenn auch immer noch nicht alle”. Sie verwies auf Studien, denen zufolge acht Prozent der Rettungskräfte pro Woche körperlich angegriffen werden, ein Drittel verbal.

Bereits seit 2017 gibt es ein eigenes Gesetz, das schärfere Straftatbestände für Angriffe auf Rettungs- und Sicherheitskräfte verankert. Bis zu fünf Jahre Haft können seitdem für solche Attacken verhängt werden.