Psychologin: Beratungsbedarf zu antisemitischer Gewalt nimmt zu
Der Bedarf für psychologische Beratung zu antisemitischer Gewalt und Diskriminierung hat sich nach Angaben von Fachstellen in den vergangenen Wochen verdreifacht. Mehr als 100 Anfragen seien eingegangen, berichtet die Leiterin des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, die Psychologin Marina Chernivsky, in einem Interview der in Berlin erscheinenden Zeitung „Jüdische Allgemeine“ (Donnerstag).
Sie sehe ein „Großschadenereignis mit extrem traumatischer Wirkung für direkt Betroffene und ihre Angehörigen, aber auch für die gesamte jüdische Gemeinschaft“, so Chernivsky. Die Anfragen bezögen sich vor allem auf judenfeindliche Vorfälle an Schulen, Hochschulen und am Arbeitsplatz. Sie beobachte gleichzeitig, dass „die Auswirkungen des Krieges im nichtjüdischen Umfeld nicht zwingend eingesehen werden“. Das stelle die jüdische Gemeinschaft vor die doppelte Herausforderung, den Schock über das Leid in Israel und gleichzeitig die antisemitische Grundstimmung in Deutschland zu verarbeiten. Zudem sei auch der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch nicht bewältigt.
Die Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung OFEK habe ein Krisenteam gebildet und zudem eine bundesweite Hotline verlängert, um Gemeinden, Kitas und Schulen sowie Eltern, Studierende und andere Gruppen besser unterstützen zu können. Die Angebote seien mehrsprachig.