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Psychologin: Auch mit psychischen Beschwerden kann man pilgern

Auch mit psychischen Beschwerden kann man sich nach Einschätzung der Diplom-Psychologin Sarah Pali-Ploss gut auf eine Pilgerreise begeben. Wenn jemand wegen psychischer Probleme bereits in Behandlung sei oder war, könne er gut abschätzen, „was sie oder er braucht, um stabil zu bleiben – und was nicht“, sagte Pali-Ploss dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Tiefenpsychologin beschäftigt sich seit vielen Jahren schon mit dem Thema „Pilgern und Sinn“ und hat dazu auch geforscht.

Allerdings rät Pali-Ploss dazu, eine Pilgerreise gut zu planen und nicht überstürzt aufzubrechen. Pilgern durchbreche den Alltag und damit die gewohnte Struktur. „Struktur bedeutet immer Sicherheit und Kontrolle“, sagte Pali-Ploss. Deshalb sollte niemand – ob psychisch gefestigt oder nicht – unvorbereitet pilgern. Manche Menschen wollten oder könnten nicht gut alleine sein, diese müssten sich dann eben eine Gruppe suchen. Anderen wiederum tue eben diese Reizreduktion durch Einsamkeit gut, erläuterte die Expertin.

Die meisten Menschen, so auch das Ergebnis von Pali-Ploss Längsschnittstudie aus den Jahren 2007 bis 2010, gingen „nicht in der Blütezeit ihres Lebens auf dem Pilgerweg“. Für die erste Pilgerreise gäben oftmals „Lebens- oder Sinnkrisen den Ausschlag“, erläuterte sie. Durch das Pilgern flachten solche Krisen stark ab, „und zwar nicht nur kurzzeitig, sondern auch noch Monate nach dem Pilgern“. Zudem gewönnen bestimmte Sinnquellen wie Naturverbundenheit oder Gemeinschaft bei den Betroffenen an Bedeutung.

Fürs Pilgern müsse man übrigens weder religiös noch spirituell sein. Im Prinzip wären gerade an solchen krisenhaften „Lebensübergängen“ auch längere Wanderungen eine denkbare Alternative. „Am Ende sind es oft pragmatische Gründe“, weshalb sich die Menschen fürs Pilgern entscheiden, erläuterte Pali-Ploss: „etwa die Infrastruktur entlang der Pilgerrouten“ mit Herbergen und günstigen Mahlzeiten. (00/3192/27.10.2024)