Artikel teilen:

Psychologe: Das hilft bei “leisen” Anzeichen für eine Depression

Bis zu zehn Millionen Menschen sind hierzulande von depressiven Symptomen betroffen. Ein Psychologie-Professor erklärt, wie ein Ausbruch der Erkrankung unwahrscheinlicher wird – und warum man frühzeitig handeln sollte.

Viele Depressionen beginnen nach Worten eines Experten “leise” – und in dieser Phase lässt sich noch gut gegensteuern. “Vielleicht schlafen Menschen schlecht ein, dann fällt es ihnen sehr schwer, sich morgens aufzuraffen. Oder Sex, der Garten, ein Konzert, all die Dinge, die man zuvor liebte, machen keine Freude mehr”, erklärte David Daniel Ebert im Interview der “Welt” (Dienstag). Jede dieser Beobachtungen sei ein Grund zu handeln, “um zu verhindern, dass daraus die echte, die ‘klinische’ Depression wird”.

Ratsam seien etwa Sport oder andere Aktivitäten, die normalerweise positive Gefühle auslösten. “Krankheitsbedingt fühlt sich das erst nicht gut an, aber wenn man trotzdem am Ball bleibt, reagiert das Gefühlsleben irgendwann wieder auf die Glücksreize”, erklärte der Professor für Psychologie an der Technischen Universität München. Wer bei ersten Veränderungen reagiere, könne das Risiko auf eine echte Depression beinahe halbieren.

Wenn sich die Depression dagegen entwickle, falle es ungleich schwerer, sich aufzuraffen: “Simple Routinen wie Zähneputzen werden so anstrengend wie mit Höhenangst über eine Hängebrücke zu gehen. Und danach kann sich eine tiefe Erschöpfung einstellen, alles dauert viel länger”, sagte Ebert. “Sollen Patienten mit schweren Depressionen ‘einfach mal eine halbe Stunde pro Tag spazieren gehen’, kann das sein, als würde man von ihnen einen täglichen Marathonlauf verlangen.” Nichtbetroffene könnten sich dies nur schwer vorstellen.

Zudem seien Methoden wie Achtsamkeitstraining, Meditation oder Yoga hilfreich, um Rückfällen nach einer überstandenen Erkrankung vorzubeugen. Darüber hinaus riet der Wissenschaftler, herauszufinden, was einem Kraft raube und was das eigene Wohlbefinden stärke. Stressmanagement bedeute, mehr Kraftquellen in den Alltag zu integrieren, um besser mit schwierigen Momenten umgehen zu können – und Grenzen bei belastenden Zuständen zu setzen. “Der Unterschied zu dem kraftraubenden Zustand davor ist, dass Sie die Kontrolle zurückgewinnen. So schadet Belastung nicht mehr.”