In einer Erstprüfung hat die Historikerin und Ethnografin Gesa Grimme den Bestand an außereuropäischer Kunst am Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum auf ihre Herkunft hin untersucht. Dabei handele es sich um ein Konvolut von 115 Objekten aus europäischen Kolonialgebieten, die in der Zeit von 1891 bis 1930 für die Sammlung erworben wurden, erläuterte die Wissenschaftlerin am Freitag in Krefeld. Im Idealfall könne man die Provenienzketten bis ins Ursprungsland ermitteln. Da die beiden zuständigen Direktoren Friedrich Deneken und Max Creutz die Ausstellungsobjekte aus dem Ethnografika- und Kunsthandel bezogen hätten, könne ein unrechtmäßiger Erwerb nicht ausgeschlossen werden, sagte Grimme.
Das Forschungsprojekt wurde von Oktober 2022 bis März 2023 von Grimme umgesetzt. Die Forschungsergebnisse hätten bei einem Großteil der Objekte eine „Erwerbung im Kontext kolonialer Machtverhältnisse“ bestätigt, hieß es. Allerdings gebe es Lücken in den historischen Dokumentationen. So habe nicht in allen Fallen eindeutig rekonstruiert werden können, unter welchen Umständen und woher genau die Gegenstände nach Krefeld gelangten.
Die teils kultischen, überwiegend aber alltäglichen Gegenstände stammen aus ehemaligen deutschen, niederländischen, britischen und belgischen Kolonien. Zu den identifizierten Herkunftsregionen zählen den Angaben zufolge unter anderem „Deutsch-Westafrika“ (heute Kamerun und Togo), „Deutsch-Ostafrika“ (heute Tansania, Ruanda, Burundi und ein Teil Mosambiks) sowie „Niederländisch-lndien“ (heute Indonesien) und „Britisch-Neuguinea“ (heute Papua-Neuguinea).
Das Untersuchungsprojekt wurde vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK) unterstützt. Die teils noch nicht verzeichneten Objekte hätten jetzt eine kulturelle und geografische Zuschreibung erhalten, sagte die stellvertretende Museumsleiterin Sylvia Martin. Auch sei ein wichtiger Beitrag zu den Akteuren im Kunsthandel in der Zeit vor 1930 geleistet worden. Nun könne man Anfragen zu dem Konvolut beantworten und zu jedem Objekt etwas sagen.
Im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt zeigt das Kaiser-Wilhelm-Museum im Rahmen der „Sammlung in Bewegung“ Flechtarbeiten aus Afrika und wahrscheinlich kultische Masken aus Papua-Neuguinea.