Mehr als 50 Abschiedsbriefe von NS-Verfolgten aus dem Gefängnis Stadelheim sollen nun möglicherweise
ans Ziel kommen – mit 80 Jahren Verspätung. Die Staatlichen Archive Bayerns haben mit den Arolsen Archives, dem Internationalen Zentrum zu NS-Verfolgung, ein gemeinsames Forschungsprojekt gestartet, das sie am Mittwoch in München vorstellten. Ziel ist es, lebende Angehörige der Hingerichteten zu finden und ihnen die Briefe zur Verfügung zu stellen, wie der Direktor der Staatlichen Archive, Bernhard Grau, sagte.
Die biografischen Spuren der Hinrichtungsopfer führen nicht nur zu deutschen, sondern etwa auch zu polnischen und französischen Familien. Im Staatsarchiv München werden seit 1975 insgesamt 844 „Hinrichtungsakten“ aus der Haftanstalt München-Stadelheim verwahrt, die laut Staatsarchiv eine der „zentralen Hinrichtungsstätten“ der Nationalsozialisten war. In den Akten finden sich jene Abschiedsbriefe, die durch die damalige Gefängnisverwaltung und die Strafvollzugsstellen zurückgehalten wurden.
Manche Briefe sind persönlich und intim, auch verzweifelt – andere enthalten politisch „drastische Worte“, wie die Direktorin der Arolsen Archives, Floriane Azoulay, sagte. Nun die Angehörigen zu suchen, heiße, „den zu Unrecht Verurteilten ihren letzten Wunsch zu erfüllen“. Für die Familien, ihr Selbstverständnis und ihre gemeinsame Geschichte, könne das ungeheuer wichtig sein.
Geplant ist auch, dem Projekt eine größere Öffentlichkeit zu verleihen. Ab Herbst gibt es eine Projekt-Website und Auftritte auf sozialen Medien. (2423/23.07.2025)