Pröpstin kritisiert im Kirchenstreit den Gemeinderat

Der Gemeinderat von Kirchwerder hat im Gemeindebrief Pastoren hart kritisiert – sehr zum Ärger von Pröpstin Murmann.

Dunkle Wolken brauen sich über Kirchwerder zusammen
Dunkle Wolken brauen sich über Kirchwerder zusammenJulia Fischer

Kirchwerder. Es war ungewöhnliche Post für die Mitglieder von St. Severini. In einer Sonderausgabe des Gemeindebriefs standen nicht die nächsten Gottesdienste oder Konfirmanden-Freizeiten im Vordergrund, sondern ein Thema: der Kirchenstreit von Kirchwerder, in dessen Verlauf die beiden Pastoren die Gemeinde verlassen. Beschaulich geht es in der ländlichen Gemeinde am Rande Hamburgs schon länger nicht mehr zu.
Pastor Ulrich Billet hat die Gemeinde bereits im Oktober verlassen (die Evangelische Zeitung berichtete). Als Vertretung für ihn hat Pastor Rainer Aue Anfang Dezember vorübergehend seinen Dienst in Kirchwerder angetreten. Er wurde als Vertretungspastor vom Kirchenkreis Hamburg-Ost eingesetzt. Der zweite Gemeindepastor Gottfried Lungfiel darf nach seinem letzten „Pastoren-TÜV“, der alle zehn Jahre ansteht, nur noch bis Oktober 2016 in der Gemeinde seinen Dienst verrichten. Ausführlich schildern in dem Gemeindebrief Stephanie Pelch, Vorsitzende des Gemeinderats, und andere Gemeindemitglieder ihre Sicht der Dinge, zum Teil mit direkter Kritik an den Pastoren. Was den Anstoß für den Gemeindebrief gegeben hat, ist unklar. Stephanie Pelch war für die Evangelische Zeitung nicht zu erreichen.
Der Kirchenkreis Hamburg-Ost erfuhr nach eigenen Angaben von dem Gemeindebrief erst, kurz bevor er gedruckt wurde. Pröpstin Ulrike Murmann kritisiert den Brief hart: „Der Kirchengemeinderat unterliegt der Verschwiegenheitspflicht, die er mit dieser Publikation missachtet hat. Damit wurden Pastoren vorgeführt und geschädigt, das kann ich nicht gutheißen“, sagt sie. „Mit dieser Polarisierung geht der Kirchengemeinderat nicht gerade den Weg, den er in dieser schwierigen Situation verfolgen sollte: die Gemeinde aufzubauen und das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen.“ Detailliert wolle sie sich nicht äußern, weil Personalangelegenheiten nicht in die Öffentlichkeit gehörten.

Dem Pastor macht die Arbeit Spaß

Von den Mitgliedern des „Scheunenschnacks“ von Kirchwerder, einem monatlichen Treff, bekommen die beiden Pastoren Billet und Lungfiel viel Unterstützung. Auf die Sonderausgabe des Gemeindebriefs wollten die Mitglieder eigentlich reagieren. Doch dann erfuhren sie, dass sich Pröpstin Murmann geäußert hat. Nun müsse ihre Reaktion erst einmal genau bewertet werden, sagt Walter Eckartsberg, der bis vor wenigen Tagen Leiter des Scheunenschnacks war und aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten ist. Dann gelte es, über die Texte neu nachzudenken und sie möglicherweise zu ändern. Trotz der erheblichen Spannungen hat Eckartsberg die Hoffnung auf Frieden in der Gemeinde nicht aufgegeben: „Wir möchten, dass die Sprachlosigkeit zu Ende geht, und sind bereit, auf den Gemeinderat zuzugehen.“
Pastor Lungfiel verrichtet unterdessen weiterhin seinen Dienst in der Gemeinde, bis maximal zum Oktober 2016. Trotz allem mache ihm seine Arbeit großen Spaß: Er spüre großen Rückhalt in der Gemeinde, in der er bereits seit 21 Jahren arbeitet: „Für viele Menschen bin ich hier der Familienpastor.“ Deshalb sei die Enttäuschung in Kirchwerder groß über seinen Weggang.

So soll wieder Ruhe einkehren

Momentan bemüht sich Gottfried Lungfiel um einen Posten nach seiner Zeit in Kirchwerder. Gerade habe er sich auf eine Stelle beworben – wo, das möchte er aber noch nicht sagen. Der 55-Jährige lässt jedoch erkennen, dass er in Hamburg sehr verwurzelt sei und gern in der Region bleiben würde.
Bis in St. Severini wieder Frieden einkehrt, dürfte es noch dauern. In der Gemeinde gebe es sehr unterschiedliche Interessen, denen man nicht schnell gerecht werden könne, sagt Ulrike Murmann, die in den vergangenen Monaten mit sehr vielen Menschen in Kirchwerder gesprochen habe. „Es wird die Aufgabe des kommenden Jahres sein, die Gruppen dabei zu begleiten, aufeinander zuzugehen“, gibt Murmann das Ziel vor. Dafür braucht es konzeptionelle und personelle Ressourcen – und einen langen Atem. Diese wolle der Kirchenkreis einbringen.