Presbyter und Fußballfan

Norbert Hoffmann ist Presbyter der Evangelisch-reformierten Schlosskirchengemeinde Köpenick – und Fan des Fußballclubs Union

Norbert Hoffmann im Fan-Trikot
Norbert Hoffmann im Fan-TrikotUli Schulte Döinghaus

Im Wohnzimmer der Hoffmanns, irgendwo in Mahlsdorf, einem Ortsteil des Bezirks Hellersdorf-Marzahn, steht eine mächtige Standuhr, daneben ein Beistelltischchen mit altertümlich gebogenen Beinen. Es sieht nach Arbeit aus, auf freien Flächen stapeln sich Dokumente und Zeitschriften. Die daumendicke Umrandung der unteren Ablage ist mit dem Sinnspruch „Es gibt immer was zu tun“ beklebt. Zweierlei deutet der Spruch an: Einerseits, dass hier möglicherweise wirklich viel zu erledigen ist. Andererseits, dass dieses Tun auch immer mit Selbstironie und Spaß zu tun haben sollte. Genau das zeichnet Norbert Hoffmann aus, der hier mit seiner Familie im Haus mit angrenzendem Garten sowie Hund und Katze wohnt.

Der erste Eindruck: ein gutgelaunter Mann, dessen T-Shirt ihn als Anhänger des örtlichen Bundesliga-Fußballclubs 1. FC Union ausweist. Im Gespräch wird rasch deutlich: Dieser Mann hört gern zu. Und: „Es hat mir immer sehr viel Freude gemacht, etwas für den Zusammenhalt in unserer Kirchengemeinde zu tun.“ Seit 40 Jahren ist Norbert Hoffmann im Presbyterium der Evangelisch-Reformierten Schlosskirchengemeinde Köpenick aktiv, die meiste Zeit als Vorsitzender dieses Gremiums, das andernorts Gemeindekirchenrat (GKR) genannt wird.

„Willst Du nicht was für die Jugend machen?“

Zuvor hatte er sich in kirchlichen Jugendgruppen so einfallsreich und tatkräftig engagiert, dass man auf ihn aufmerksam wurde und ihn ermunterte, als Presbyter der Gemeinde zu kandidieren. Der Grund leuchtete ihm sofort ein: „Wir brauchen junge Leute, willst Du nicht was für die Jugend machen?“ Wir – das waren die rund 1000 Gemeindeglieder, die sich damals in der reformierten Gemeinde versammelten. Davon, so erinnert Hoffmann sich, waren 300 bis 400 engagiert reformierte Christen, die Gottesdienste besuchten und zu Veranstaltungen kamen.

Damals wie heute war und ist die Schlosskirche auf der Schlossinsel das Zentrum der Kirchengemeinde, von außen ein barocker Prachtbau und im Inneren gleich als Gotteshaus der Evangelisch-Reformierten zu erkennen, das ohne religiöse Darstellungen gestaltet ist. Eine historische Besonderheit macht es den Presbytern dieser reformierten Gemeinde etwas leichter als anderen Ältesten. Die Köpenicker müssen sich nicht unentwegt mit Bauangelegenheiten beschäftigen, da „ihr“ Kirchengebäude im preußischen Kulturbesitz ist, also Sache des Staates.

Verwaltungsangelegenheiten

Als Vorsitzender des Presbyteriums habe er mit Verwaltungsangelegenheiten, Personalsachen und Dokumentenverwaltung genug zu tun gehabt. Mindestens 2,3 Stunden in der Woche reservierte er für Angelegenheiten der Kirchengemeinde: Rechnungen abzeichnen, Richtigkeit prüfen. E-Mails schreiben, Briefe beantworten. In der Regel war das im Gemeindebüro, das mitten in Köpenick an der passenden Adresse „Freiheit“ zu finden ist. Verwaltungssachen sind Hoffmann nicht fremd; von Berufs wegen ist er bei der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Grundsatzfragen befasst.

Sein Arbeitsplatz in Berlin-Wilmersdorf ist eine gute Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Wohnhaus entfernt. Die reformierte Gemeinde ist eine sogenannte Personalgemeinde, für die man sich als evangelischer Christ persönlich bewerben und zu der man sich bekennen soll, von wo auch immer. Geographische Grenzen gibt es eigentlich nicht, auch wenn viele Gemeindeglieder in Köpenick zu Hause sind. „Ich habe mich als Jugendlicher für diese Gemeinde entschieden, weil mir der Zusammenhalt gefallen hat“, erzählt Norbert Hoffmann. „Später, im Presbyterium, habe ich Spaß daran gehabt, mit anderen zusammen diesen Zusammenhalt immer wieder neu zu organisieren und zu befeuern“. Ein Beispiel seien die vielen beliebten „Familienrüsten“ in unterschiedlichen Städten und Regionen Deutschlands, die vorbereitet, gestaltet und nachbereitet werden mussten.

Geräuschlose Fusion

Gemeinsam mit den Pfarrerinnen und Pfarrern hielt man Kontakt zu reformierten Kirchengemeinden im westfälischen Soest oder im ostfriesischen Leer, verständigte sich über spirituelle, diakonische und gemeindliche Fragen. Vergleichsweise geräuschlos gelang allen Beteiligten, nicht zuletzt den Presbytern, die Fusion der Reformierten Kirchengemeinde in Berlin-Neukölln mit der Schlosskirchengemeinde in Köpenick zur Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Berlin.

Krisen im Zusammenhalt von Gemeinde und Presbyterium habe es selten gegeben, sagt Hoffmann, Er hat 40 Jahre Erfahrung, kann nicht nur gut zuhören und moderieren, sondern auch anpacken.

Anfang Mai lud er zu einem gemeinsamen freiwilligen Einsatz ein, den er ironisch „Subbotnik“ nennt. Der gemeindeeigene Garten, Freiheit 14 in Köpenick, wurde aufgeräumt – und danach warf man noch den Grill an, um gemütlich beisammen zu sein.