Predigtdienst war ihm heilig

Zum Tod von Pfarrer Christian Pagel aus Rangsdorf und Großmachnow. Von Katharina Furian

Von Katharina Furian

Der Pfarrer Christian Pagel ist in der Nacht zum ersten Advent aus diesem Leben in Gottes Ewigkeit gegangen. Von 2002 bis 2013 hat er das Leben der Kirchengemeinden Rangsdorf und Groß Machnow geprägt. Er ist ein treuer, ernsthafter und sorgfältiger Pfarrer gewesen. Ja, er war – das kann man mit diesem alten, guten Wort sagen – ein frommer Mann und dazu ein ständiger Beter aus Herzensgrund. Geboren 1962, hat ihn in seiner frühen Jugend ein Diakon der Bibelschule in der Berliner Auenkirche eine intensive und lebenslange Gebetspraxis gelehrt, in der er alle Entscheidungen seines Lebens mit Jesus Christus besprochen hat. Sein Arbeitszimmer ist der Ort seines täglichen Betens gewesen. Eine der schönsten Gebetserhörungen war es für ihn, dass er in seiner Ehefrau eine Partnerin fürs Leben fand, die seine Frömmigkeit ebenso geteilt hat wie seinen Beruf, und dass es aus dieser Ehe vier schöne und kluge Kinder gibt.

Der Predigtdienst war ihm heilig, viel Zeit hat er dafür gegeben, theologisch zu arbeiten, zu lesen, ja, im Glauben für seine Gemeinde vorwärtszukommen. Er hat mit seiner vorsichtigen, eher leisen Weise nicht jedermanns Beifall gefunden, und das hat ihn geschmerzt. Dennoch konnte er so die unterschiedlichen Herzen gewinnen: die der Jungen Gemeinde wie die der Seniorenkreise und besonders die der Trauernden bei den vielen Beerdigungen der elf Jahre seines Dienstes. Und auch mein Herz hat er gewonnen: zum einen auf langen Spaziergängen bei den Jahresgesprächen, wo er klug und kenntnisreich die Natur erklärte; zum andern durch seine Loyalität und unerschöpfliche Freundlichkeit sowie seine zuverlässige Mitarbeit im Konventsrat.

Christian Pagel hatte eine Krankheit, die für den Erkrankten wie eine Infragestellung des ganzen Lebens und zugleich als schreckliche Demütigung der eigenen Lebenskraft erfahren wird. Eine Knechtschaft der Seele, die dann auch den Körper in völlige Erschöpfung führt, in eine Dunkelheit und Kälte, von der wir nicht einmal ahnen, dass es sie gibt – so dass er sich schließlich nur noch flüchten konnte in den Trost und die ausgebreiteten Arme unseres Gottes.

Dürfen, so hat mich mancher gefragt, dürfen Prediger überhaupt so erschöpft sein, schwach und ratlos? Ich sage ausdrücklich: Ja, sie dürfen. Denn an ihnen sieht die Gemeinde und sehen wir alle, dass das biblische Wort keine Durchhalteparole ist und kein Zauberspruch fürs Stark- und Fitsein.

Am Tag vor seinem Tod hat Christian Pagel im Gottesdienst seines Krankenhauses eine Predigt gehört, die ihn sehr angerührt hat. Der Predigttext lautete: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, ihre Schuld vergeben ist.“ Der Prediger war kein Unbekannter, sondern unser ehemaliger Generalsuperintendent Rolf Wischnath, der jahrelang an derselben Krankheit schwer gelitten hat. Sie haben miteinander gesprochen über die Predigt und die gemeinsame Krankheit, ja, über die Zukunft. Christian Pagel war, so hat er es seiner Ehefrau erzählt, getröstet durch diese Predigt vom Ende der Knechtschaft.

Katharina Furian ist Superintendentin des Kirchenkreises Zossen-Fläming.

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