Angesichts aktueller Kriege und Konflikte bleibt nach Worten der neuen westfälischen Präses Adelheid Ruck-Schröder Pazifismus wichtig. „Die Kirche hat die Aufgabe, Friedensszenarien zu entwickeln und Dialogmöglichkeiten zu schaffen“, sagte sie der in Bielefeld erscheinenden „Neuen Westfälischen“ (Dienstag). Wo Mutlosigkeit und Hass vorherrschend seien, „ist es notwendig, die Friedensmöglichkeiten in den Blick zu nehmen“.
Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erklärte die leitende Theologin: „Wir können nicht sagen: Sprecht miteinander, dann ist alles gut.“ Ein überfallenes Land habe „das Recht, sich zu wehren“, sagte Ruck-Schröder auf die Frage nach Waffenlieferungen für die Ukraine. Ein Diktatfriede sei kein Friede, der biblisch verheißen sei. „Aber die Idee des Pazifismus brauchen wir als Gegenmodell und Prüffrage“, unterstrich die 59-jährige promovierte Theologin, die seit 15. Juni an der Spitze der westfälischen Kirche steht.
Die leitende Theologin bezeichnete Demonstrationen als „unerträglich“, die das Existenzrecht Israels infrage stellten. „Aber dennoch müssen wir den Dialog suchen und fordern“, sagte sie. Das gelte gegenüber Palästinensern und Palästinenserinnen sowie gegenüber Jüdinnen und Juden. „Wir brauchen Empathie für das Leid auf beiden Seiten“, erklärte die leitende Theologin der mit 1,9 Millionen Mitgliedern viertgrößten Landeskirche.
Ruck-Schröder sprach sich für eine Kirche aus, die die Bedürfnisse der Menschen stärker in den Blick nimmt. „Wir müssen ‘Ja’ dazu sagen, dass sich Dinge verändern und dass sich Kirche verändert.“ Die Menschen hätten heute andere Fragen: „Wir müssen mehr danach fragen, was Menschen von uns erwarten und wie Menschen ticken.“ Kirchen müssten auch auf Tik Tok präsent sein, weil da die Jugendlichen seien. „Wir sind da nicht, da müssen wir uns besser aufstellen“, kündigte die Präses an.
In der westfälischen Kirche werde der Umgang mit sexualisierter Gewalt ein wichtiges Thema sein, betonte Ruck-Schröder. Nötig seien „bessere, transparentere Strukturen und Standards“. Diese seien wichtig für Prävention und Aufarbeitung. Die Ansprechbarkeit für Betroffene werde verbessert.
Ruck-Schröder ist Nachfolgerin von Annette Kurschus, die im November 2023 als westfälische Präses und als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgetreten war. Zuvor war sie Regionalbischöfin für den Sprengel Hildesheim-Göttingen.