Präses Latzel: Gottesdienst am Sonntagmorgen ist kein Pflichtprogramm

Der klassische Gottesdienst am Sonntagmorgen muss nach den Worten des rheinischen Präses Thorsten Latzel angesichts einer kleiner werdenden Kirche nicht mehr überall die Regel sein. Es brauche „den Mut zu verschiedenen gottesdienstlichen Formaten“, sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wenn weniger als zehn, fünfzehn Leute in einem Gottesdienst sitzen und die Nachfrage dauerhaft niedrig ist, sollte ausgetestet werden, ob andere, kleinere Formate eher angemessen sind.“ Sie könnten auch von Laien geleitet werden.

Auch andere Rhythmen, Wochentage und Uhrzeiten seien für Gottesdienste denkbar, sagte Latzel. In vielen ländlichen Gemeinden werde schon heute nicht jeden Sonntag ein Gottesdienst gefeiert. Die klassische Zeit um zehn Uhr stamme noch aus Zeiten mit viel Landwirtschaft, in denen auf die Fütterungszeit Rücksicht genommen worden sei. „Anstelle eines Pflichtprogramms brauchen wir geistliche Versammlungen und Feiern, zu denen wir selber gerne hingehen“, betonte der 53-jährige Theologe. Besonders gefördert werden sollten Gottesdienste, „bei denen die Kirche richtig brummt: etwa Schulgottesdienste oder Feiern mit Vereinen“.

Auch in anderen Bereichen solle sich das kirchliche Leben wandeln, „um auch mit weniger Menschen und Mitteln gut Kirche zu sein“, sagte Latzel. Die Synode der rheinischen Kirche berät noch bis Freitag auf ihrer Jahrestagung in Düsseldorf über Reformwege zur „Kirche der Zukunft“. „Wir wollen uns stärker an unseren Mitgliedern orientieren und Menschen in ihrer Biografie geistlich begleiten“, erläuterte der Präses. „Auf dieser Synode wollen wir konkret beschließen, unter anderem den Zugang zur Taufe und zum Abendmahl zu erleichtern.“ So sollten künftig auch Eltern ihr Kind taufen lassen können, die nicht Mitglied der evangelischen Kirche sind.

Die rheinische Kirche hat knapp 2,2 Millionen Mitglieder und ist damit die zweitgrößte der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Sie umfasst 605 Kirchengemeinden zwischen Niederrhein und Saar.